Panorama Astro-Alex auf neuer Mission

Dann hebt er ab: Am 6. Juni, 13.12 Uhr (MESZ), startet die Sojus-Rakete mit dem 42-jährigen Gerst an Bord vom Weltraumbahnhof Ba
Dann hebt er ab: Am 6. Juni, 13.12 Uhr (MESZ), startet die Sojus-Rakete mit dem 42-jährigen Gerst an Bord vom Weltraumbahnhof Baikonur.

«Köln.» Wenn Alexander Gerst am Mittwoch für seine Forschungsmission auf der Internationalen Raumstation (ISS) abhebt, wird für ihn zum zweiten Mal ein großer Kindheitstraum in Erfüllung gehen. Seine Erfahrungen in der Schwerelosigkeit will der 42-Jährige aus Künzelsau bei Heilbronn als „Astro_Alex“ auf Twitter und Instagram mit der Öffentlichkeit teilen.

Bereits vor vier Jahren während seines ersten knapp sechsmonatigen Weltraumeinsatzes nutzte der promovierte Geophysiker die sozialen Medien als Kommunikationsmittel. Nach seiner Rückkehr hielt Alexander Gerst zahlreiche Vorträge. Im April 2015 begeisterte er im Technik-Museum Speyer mehr als 1500 Besucher durch seine lebendige Art, von seinen Erlebnissen zu berichten. Im Telefon-Interview mit der RHEINPFALZ vor seinem Auftritt betonte der Astronaut, welch hohen Stellenwert es für ihn habe, seine besondere Perspektive – den Blick auf unseren Planeten von außen – zu teilen. Bei seiner neuen, bis Mitte Dezember dauernden Mission „Horizons“ will Alexander Gerst mit 65 Experimenten, die Wissenschaftler aus Europa entwickelt haben, das Blickfeld nicht nur über bisherige Wissenshorizonte hinaus erweitern; sei es bei der Krebsforschung oder der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz bei Robotern. Bei seiner letzten Pressekonferenz in Europa vor seinem zweiten Weltraumflug sagte der Raumfahrer im Europäischen Astronautenzentrum in Köln, dass er außerdem Erkenntnisse gewinnen will, die weitere und längere Flüge ins All – bis zum Mond und Mars – ermöglichen sollen. „Letztendlich profitieren alle davon“, antwortete Gerst im Video-Interview mit der RHEINPFALZ auf die Frage, wem der große Aufwand für die Forschung in der Schwerelosigkeit nutzt. Ein besseres Verständnis von Krankheiten wie Krebs, Arteriosklerose und Osteoporose erlaube die Entwicklung wirksamerer Therapien. Außerdem seien Flüge in den Weltraum notwendig, um Gegenmaßnahmen bei drohenden Gefahren für die Erde, etwa den Einschlag eines großen Asteroiden, vorzubereiten. In einer Broschüre zur neuen Mission, herausgegeben von der Europäischen Weltraumorganisation (Esa), beschreibt Gerst die Bedeutung solcher Expeditionen: „Aus weiter Ferne betrachtet, ist unsere Erde nichts weiter als ein blauer Punkt, ein zerbrechliches Raumschiff für die Menschheit. Nur wenn wir das Universum verstehen, in dem wir leben, können wir unser Zuhause beschützen.“ Für dieses hohe Ziel sei der 42-Jährige bereit, die Risiken für Leib und Leben auf sich zu nehmen, die mit Flügen in den Weltraum und der Forschung auf der ISS verbunden sind. Die Neugier auf das Unbekannte, die Freude am Entdecken – diese Begriffe gebraucht der Astronaut, wenn er über seine Motivation spricht, sich gefahrvollen Umgebungen auszusetzen. Bereits im Studium bei seinen Forschungen an aktiven Vulkanen, ob in der Antarktis oder in Neuseeland, sei das sein Antrieb gewesen. In seinem Buch „166 Tage im All“ schreibt Alexander Gerst: „Wir Menschen sind Entdecker. Seit den Anfängen unserer Spezies sind aus jeder Generation Abenteurer hervorgegangen, die über den Horizont des Bekannten hinausschauen wollten.“ Der „Europäer deutscher Staatsangehörigkeit“, wie sich der 42-Jährige selbst bei Twitter bezeichnet, erklärt in seiner Missions- und Lebensbeschreibung, sich selbst nie als Überflieger gesehen zu haben. „Ich wollte einfach nur meinem Kindheitstraum, Astronaut zu werden, eine faire Chance geben.“ Nicht als übermenschlicher Superheld will der 42-Jährige erscheinen. So wie er als Kind die Flüge seiner deutschen Vorgänger Sigmund Jähn und Ulf Merbold im Fernsehen gesehen habe und dachte, das kann ich auch, so sollen es auch die heutigen Kinder und Jugendlichen halten, wenn sie ihm bei seiner „Horizons“-Mission folgen. Bei ihr wird der Raumfahrer nicht nur mehrere von Schülern ausgetüftelte Experimente durchführen, sondern auch als erster Deutscher das Kommando auf der ISS übernehmen. Große Träume habe er noch, erzählte der Astronaut bei verschiedenen Gelegenheiten. Ein Flug zum Mond gehöre für ihn dazu. Im Technik-Museum Speyer, dem Alexander Gerst fast 30 persönliche Gegenstände aus seiner ersten Mission als Exponate zur Verfügung stellte, ist der Ausstellungsbereich „Der Mond“ nur etwa 50 Meter von „seinen“ Vitrinen entfernt. Auch in der Realität gibt es einen Weg, der den 42-Jährigen bis zum Mond bringen könnte: Derzeit erprobt die US-Raumfahrtbehörde Nasa ihr neues Raumschiff Orion, an dessen Entwicklung die Esa beteiligt ist und mit dem voraussichtlich 2022 der erste Mondflug seit den Apollo-Missionen erfolgt.

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