Panorama Im Alex-Fieber: Künzelsau feiert den berühmtesten Sohn der Stadt

Hier spricht Alex: Live-Schaltung zur Internationalen Raumstation.
Hier spricht Alex: Live-Schaltung zur Internationalen Raumstation.

«Künzelsau.» Einige hundert Menschen haben gestern in Künzelsau „ihrem“ Alexander Gerst eine besondere Botschaft zur Internationalen Raumstation (ISS) geschickt: Den Gruß „Hallo Alex!“ formten die Raumfahrtbegeisterten mit Papptafeln in der Geburtsstadt des Astronauten. Auftakt zur 20-minütigen „Stippvisite“ des 42-Jährigen.

Als „Astro-Alex“, wie sich der Raumfahrer bei Twitter nennt, pünktlich um 17.15 Uhr seine Heimat von der großen Leinwand grüßte, waren zirka 5000 Gäste auf der Hauptstraße der Kreisstadt mit rund 15.000 Einwohnern versammelt. Während er durch die ISS schwebte, beantwortete er Fragen. Hinter ihm war ein Chaos aus Geräten, Kabeln und Bildschirmen zu sehen. Gerst entschuldigt die „Unordnung“, aber beim Forschen im All sei das nun mal so. Bürgermeister Stefan Neumann im weißen Missions-T-Shirt war vor und nach der Bühnenshow ein gefragter Gesprächspartner. „Alexander Gerst hat eine große Bedeutung für Künzelsau. Obwohl er ein Weltbürger ist, ist er auf dem Boden geblieben“, sagte er der RHEINPFALZ. Deshalb organisiere die Stadt zusammen mit den zuständigen Raumfahrtagenturen und der Wirtschaft gerne Veranstaltungen wie die Live-Schaltung. „Nächstes Jahr wird unser Stadtfest im Juli zur Willkommens-Party für ihn. Außerdem planen wir Projekte an Schulen, um die Begeisterung für Raumfahrt und Wissenschaft weiterzutragen.“ Matthias Neth, Landrat des Hohenlohekreises, ist der Stolz auf den prominenten Bürger seiner Region beim Pressegespräch am Morgen anzusehen und anzuhören. „Alexander Gerst macht beste Außenwerbung für uns. Er ist in Künzelsau und in Öhringen zur Schule gegangen und hat es bis zum Raumfahrer gebracht“, sagte er. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ erklärte Neth, dass der Raumfahrer der „ideale Botschafter für Spitzentechnologie“ sei. Schließlich seien im Hohenlohekreis mehrere Weltmarktführer angesiedelt – darunter die Schraubenhersteller Würth und Berner sowie die Ventilatoren-Produzenten Ziehl-Abegg und EBM-Papst. Außerdem sei Gerst bei der Bevölkerung sehr beliebt: „Es gibt eine hohe Identifikation der Hohenloher mit ihrem Astronauten.“ „Es kann sein, dass Alexander Gerst bei einem Fest in der Region einfach so als Gast vorbeischaut. Er ist in seiner Heimat noch immer sehr verwurzelt“, sagte Neth. Die Bewohner der Landschaft östlich von Heilbronn seien für ihre Schlitzohrigkeit und ihre Professionalität bekannt. Beide Eigenschaften zeichneten auch den Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) aus, erzählte der Kommunalpolitiker. Er hat Gerst mehrfach getroffen und ist von dessen Bescheidenheit begeistert. „Nach Gersts erster Mission 2014 hätten wir ihn gerne geehrt, zum Beispiel mit der Benennung einer Straße nach ihm. Doch ihm schien es dafür zu früh zu sein. Zu jung sei er, zu viel habe er noch vor sich, sagte er mir, um schon seine Lebensleistung in dieser Form zu würdigen“, erinnerte sich Neth. Nach dem Ende der aktuellen Horizons-Mission im Dezember werde der Landrat die Umbenennung der beruflichen Schule in Öhringen in Alexander-Gerst-Schule vorschlagen. Der Landrat aus dem fränkischen Teil Baden-Württembergs kennt übrigens die Pfalz gut. „Ich habe nach meinem Jura-Studium an der damaligen Verwaltungshochschule in Speyer einen Master in Verwaltungswissenschaften gemacht. Vor zwei Wochen hat sich unser Jahrgang 2008/09 zum Brezelfest in der Stadt getroffen“, sagte er. Für nächstes Jahr sei geplant, dass der Kreistag einen Ausflug nach Speyer macht und das Technik-Museum mit der größten Ausstellung zur astronautischen Raumfahrt in Europa besucht. Rund 30 persönliche Gegenstände von Gerst sind dort zu sehen. Dass Künzelsau stolz ist auf seinen Astronauten, zeigt sich auch bei einem Rundgang. Studentin Helen Bühler hat für die Stadtverwaltung ein Streetart-Projekt organisiert. „Am Ganerben-Gymnasium, das Alexander Gerst zunächst besuchte, wird an einer Treppe eine Rakete aufgemalt“, sagte sie. „Seit Montag arbeite ich daran“, erklärte der Berliner Künstler Vesuv (bürgerlich Sebastian Bolt). Beliebtes Foto-Motiv ist eine Darstellung von Alexander Gerst im Raumanzug auf Asphalt. Die Szene wirkt auf Kamerabildern dreidimensional. Manche lassen sich auf einem der schwebenden Gesteinsbrocken stehend fotografieren – und scheinen damit selbst im Weltraum angekommen zu sein. Wir sind Astronaut. Nur ein paar Schritte davon entfernt: eine vier, fünf Meter hohe Faust mit dem Daumen hoch aus Sperrmüll. „Fast auf jedem Foto macht Alexander Gerst diese Geste“, sagte Bühler. Weiterer Anlaufpunkt: das Haus, in dem der Raumfahrer aufgewachsen ist. „Ein Privatmann hat es gekauft. Da er Raumfahrtfan ist, hat er das Schaufenster mit Motiven zu Alexander Gerst gestaltet“, teilte Elke Sturm von der Stadtverwaltung mit. Und im Rathaus von Künzelsau gibt es natürlich eine Dauerausstellung zum bekanntesten Sohn der Stadt.

Sichtbar stolz: Die Künzelsauer Fans des 42-Jährigen sind bestens ausgestattet.
Sichtbar stolz: Die Künzelsauer Fans des 42-Jährigen sind bestens ausgestattet.
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