Drehenthalerhof Recherche zu illegalen Erdarbeiten: RHEINPFALZ erlangt Sieg für die Pressefreiheit

Zwei Mal unterstrichen Gerichte, dass die Berichterstattung über Missstände eine wichtige Aufgabe der Presse sind.
Zwei Mal unterstrichen Gerichte, dass die Berichterstattung über Missstände eine wichtige Aufgabe der Presse sind.

Die RHEINPFALZ hat zu ihren investigativen Recherchen über illegale Erdarbeiten im Raum Otterberg einen wichtigen Sieg für die freie Berichterstattung über lokale Missstände eingefahren. Der Sache vorangegangen war ein monatelanger Rechtsstreit mit einer betroffenen Firma sowie deren Gesellschafter.

Hunderte Seiten Dokumente, Notizen, stundenlange Interviews mit Hinweisgebern und Quellen sowie mehrere rechtliche Prüfungen: Investigative Recherchen bedeuten einen enormen Aufwand. Wer Fehlverhalten und möglicherweise auch Rechtsverstöße aufdeckt und anprangert, muss sich sicher sein, dass alle Informationen einer Überprüfung durch Gerichte standhalten. Schließlich haben solche Veröffentlichungen enorme Auswirkungen auf die betroffenen Personen.

Im November des vergangenen Jahres war sich die RHEINPFALZ nach monatelangen Recherchen sicher, über folgenden Sachverhalt zu berichten: Im Fokus stand eine Rodenbacher Firma sowie ein Unternehmensgeflecht, über das jahrelang Erde und Schutt von Baustellen in der Landschaft entsorgt wurden. Vor allem in den Otterberger Ortsteilen Drehenthalerhof und Weinbrunnerhof (Kreis Kaiserslautern) wurden nach Schätzungen von Anwohnern Tausende Kubikmeter Erdreich unerlaubt auf Feldern und Wiesentälern abgeladen. Inzwischen ermitteln verschiedene Behörden zu dem Sachverhalt – darunter die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern sowie die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD). Die RHEINPFALZ sprach mit Anwohnern, wertete Dutzende interne Dokumente aus und konnte sogar mit ehemaligen Mitarbeitern sprechen, die Einblicke in die Entsorgungspraktiken gaben.

Kläger zog bis vors Oberlandesgericht

Einen Monat nach dieser Veröffentlichung verlangte eine der betroffenen Firmen die Streichung zweier Passagen aus dieser Recherche. Die RHEINPFALZ weigerte sich und blieb weiterhin bei ihrer Darstellung. Infolgedessen klagte die betroffene Firma beim Landgericht Frankenthal gegen die RHEINPFALZ auf Unterlassung. Darüber hinaus wurde auch eine (letztlich erfolglose) Anzeige wegen übler Nachrede gegen den recherchierenden Redakteur gestellt. Zur gerichtlichen Überprüfung legte die RHEINPFALZ ihre Recherchen offen und präsentierte eine Reihe von Fotos, Dokumenten und eidesstattlichen Versicherungen ihrer Gesprächspartner.

Im Fokus der gerichtlichen Überprüfung stand die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters, der im Gespräch mit dieser Zeitung äußerte, dass unklar sei, ob im Laufe des Entsorgungsprozesses Giftstoffe in den Boden gelangen können. Das Landgericht Frankenthal kam im Januar dieses Jahres zu dem Urteil, dass die RHEINPFALZ in ihrer Recherche die aufgestellten Grundsätze der Verdachtsberichterstattung eingehalten habe. Die Darstellung des Sachverhaltes sei ausgewogen und enthalte keine Vorverurteilung. Mehr noch: Der berichtete Vorgang sei von „gravierendem Gewicht, da es sich um etwaige Umweltstraftaten handelt und in Frage steht, ob die öffentlichen Stellen ihren gesetzlichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen“.

Urteil: Über Missstände berichten ist Pflicht der Presse

Die klagende Firma wollte dieses Urteil nicht anerkennen und ging in Berufung. Doch das Pfälzische Oberlandesgericht in Zweibrücken hat den Berufungsantrag abgelehnt. Das Urteil ist somit rechtskräftig. Die Richter betonten hierbei noch einmal, dass es zu den „verfassungsrechtlich gesicherten Aufgaben der Medien gehört, investigativ über Verdächtigungen von hohem öffentlichen Interesse zu berichten“. Es unterstrich darüber hinaus, dass sorgfältig recherchiert und berichtet wurde. Die Darstellung der möglicherweise handelnden Akteure sei demnach „geradezu geboten“.

Rechtsanwalt Karsten Gulden hat die RHEINPFALZ das gesamte Verfahren über als Rechtsbeistand vertreten. „Es wurde nicht ins Blaue hinein berichtet, sondern alle Behauptungen hatten eine nachweisbare Grundlage“, sagt Gulden, der auch vorab in die Prüfung der Recherche eingebunden war. Seiner Erfahrung nach würden heutzutage viele Berichterstattungen mit dem teils absurden Vorwurf angegriffen, es handele sich um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung. Selten sei die Berichterstattung tatsächlich unzulässig und in vielen Fällen liege schon gar keine Verdachtsberichterstattung vor. Meistens gehe es um reine Meinungsäußerungen oder um feststehende Fakten. „Kleine Verlage lassen sich von solchen Drohgebärden oftmals einschüchtern, da der finanzielle Druck hoch ist, wenn es zu Abmahnungen und Klageverfahren kommt“, so Gulden weiter.

RHEINPFALZ-Chefredakteur Yannick Dillinger begrüßt die Urteile aus beiden Instanzen. Er sieht darin einen Sieg der Pressefreiheit und eine Stärkung für die investigative Berichterstattung der RHEINPFALZ: „Lokale Tageszeitungen erfüllen einen wichtigen Auftrag als Hüter der Demokratie. Sie decken Missstände auf, die sich vor unserer Haustür abspielen. Wenn Journalisten dieser Rolle nicht mehr nachkommen können, weil sie durch Klagen eingeschüchtert oder in ihrer Arbeit behindert werden, verliert die lokale Tagespresse ihren wichtigen Kontrollauftrag.“ Es sei daher äußerst wichtig, dass Gerichte diese Rolle anerkennen und schützen.

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