Weinwelt Anleitung für den geschulten Blick auf die Rebe

Nicht nur trockene Theorie: Klaus Grün schenkt auch Wein aus.
Nicht nur trockene Theorie: Klaus Grün schenkt auch Wein aus.

Der Blick reicht bis zur Burg Neuleiningen, aber auch die Autobahn in Richtung Kaiserslautern ist sichtbar von den Weinbergen bei Grünstadt aus, wo sich die Gruppe der Aktion „Winzer für ein Jahr“ trifft.

Gastgeber ist Winzer Klaus Grün vom Weingut Otto Grün aus Sausenheim. Die Blätter erstrahlen in einem saftigen Grün in der bekannten Lage Grünstadter Honigsack, einer Lage, die der besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Davon ist jedenfalls Winzer Klaus Grün überzeugt. Der kommunikative Önologe, der am Rande von Sausenheim seinen Betrieb führt, hat diesmal Gäste beim Gang durch die Weinberge an seiner Seite: Kultur- und Weinbotschafter und solche, die es werden willen.

„Die Lage ist anfällig für Mehltau“, erklärt er der Gruppe, die sich zum dritten Mal zusammenfindet, um die Arbeit des Winzers im Jahresverlauf kennenzulernen. Die Pilzerkrankung stelle für jeden Winzer eine Herausforderung dar und erfordere gezielten, aber regelmäßigen Pflanzenschutz. „Pflanzenschutz ja, aber nur so viel wie es nötig ist“, betont Grün und vergisst keineswegs das Thema Nachhaltigkeit. Alle sind neugierig und löchern ihn mit Fragen. Grün geht keiner Frage aus dem Weg, im Gegenteil, er versucht verständnisvoll den wissbegierigen und angehenden Hobby-Winzerinnen und -Winzern sein Wissen weiterzugeben. „Auch Biobetriebe müssen Pflanzenschutz betreiben. Das ist sogar wöchentlich notwendig“, verweist er auf die Verwendung von Backpulver, Schwefel oder Kupfer. Substanzen, die sich natürlich abbauen lassen.

Maßnahmen in der Traubenzone

Bei diesem Treffen steht weniger das aktive Arbeiten im Wingert auf dem Plan als vielmehr das Erkennen der Maßnahmen in der Traubenzone. Die Rebblüte ist bereits Geschichte, die grünen Beeren reifen weiter, deshalb gehört diesmal der Blick dem Laub. Klaus Grün zeigt Esther Marx einige Blätter und bittet auch die übrigen Teilnehmenden, Unterschiede ausfindig zu machen. Es geht um Blattform, Farbe und Triebachse, durch die sich die Rebsorten unterscheiden. Denn jede Rebsorte erfordert bei den Laubarbeiten ein anderes Vorgehen. Viele Kleinigkeiten gilt es zu beachten, die Grün erörtert. Aber zwischendurch lädt er auch zu einem Schluck Wein oder Traubensaft ein.

Jochen Hauptmann interessiert, was beim Entblättern zu beachten ist. „Da es sich hier um Cabernet Sauvignon handelt, also rote Trauben, kann um die Trauben das Laub entfernt werden“, erklärt er. Es bestehe hier nicht die Gefahr des Sonnenbrandes, denn die Blätter dienen oftmals auch als Schutz vor einer zu starken Sonneneinstrahlung. „Aber das ist bei jeder Rebsorte anders“, betont Grün und entfernt einige Blätter, so dass die Trauben lockerbeerig hängen. Bei Weißweintrauben werde meist nur eine Seite der Laubwand entblättert, sagt er. Und eine Rolle spiele auch die Höhe: „1,20 bis 1,40 Meter sollte eine Laubwand haben, aber auch nicht höher“. Grün erinnert daran, dass die Blätter an den Rebstöcken für die Zuckerbildung verantwortlich sind, die kontrolliert vonstatten gehen solle.

Grüne Ernte oder Lese

Der Winzer weiß nicht nur darüber viel zu berichten, er geht auch auf die Grüne Ernte oder Lese ein: „Bei der Grünen Lese, auch Grünlese genannt, handelt es sich um eine freiwillige Ertragsreduzierung im Weinberg. Dafür werden im Sommer, wenn die Beeren schon entwickelt, aber noch klein und grün sind, ganze Trauben abgeschnitten“. Dabei muss man den Weinberg nach der Blüte stets im Blick behalten. „Pro Trieb gibt es zwei Trauben, deshalb empfiehlt es sich, maximal zwölf Triebe pro Rebstock zu haben“, so Grün. Produziere die Rebe aber von Natur aus zu viele Trauben, sei eine Regulierung erforderlich: eben noch grüne Beeren herauszuschneiden. So können die Pflanzen nun ihre ganze Energie in die Entwicklung und Reife der verbleibenden Früchte stecken.

Immer wieder kommen die Teilnehmenden auch an Rebanlagen vorbei, die besonders auffallen. Wie jene Anlage, die durch helle Blätter ins Auge fällt und wo offensichtlich bisher keine oder kaum eine Bodenbearbeitung stattgefunden hat. Ein deutliches Zeichen von Nährstoffmangel. „Es fehlt hier Stickstoff, Phosphor, Kalzium und Magnesium“, berichtet Klaus Grün und weist an anderer Stelle noch auf eine weitere Krankheit hin. Es ist die immer wieder vereinzelt auftauchende Esca-Krankheit, eine komplexe Abbaukrankheit von Weinreben, die in den vergangenen drei Jahrzehnten weltweit stark zugenommen hat. Sie ist eine der gefährlichsten Rebholzkrankheiten überhaupt. Befallene Reben müssen deshalb laut Grün sofort entfernt werden. Bei einem akuten Krankheitsverlauf stirbt der gesamte Stock plötzlich ab, meist mitten im Sommer. Die Blätter hängen dann noch lange vertrocknet an der Rebe und verfärben sich langsam von Grün zu Braun. Es ist eine der wenigen Krankheiten in den Reben, wo die Winzer derzeit noch machtlos sind. Auch das erfährt die Gruppe an einem kurzweiligen Tag, der wie im Fluge vergangen ist.

Die Gruppe erfährt viel über Laubwand, Blätter, „Grüne Lese“ und Rebkrankeiten.
Die Gruppe erfährt viel über Laubwand, Blätter, »Grüne Lese« und Rebkrankeiten.
Entkorkt - Newsletter  - Anmeldeseiten 729 x 450 (1)

Dürfen wir nachschenken?

Was sind die Trends der Weinszene? Welche Neuigkeiten gibt es von den Weingütern in der Region? Was ist Naturwein? Wie arbeitet ein Kellermeister? Und wo stehen Weinautomaten in der Pfalz? In unserem kostenlosen Newsletter Entkorkt" liefern wir alle zwei Wochen Weinwissen für Pfälzer Weinliebhaber.

 

Wer nicht lesen will, kann hören: Sie wollten schon immer wissen, wie man die vielen Flaschen Wein, die man zu Hause hat, am besten lagert? Oder welche Unterschiede es zwischen verschiedenen Rebsorten gibt? Dann sind Sie hier genau richtig: In unserem kostenlosen Podcast "Wissensdurst" löchern Sonja Hoffmann und Rebecca Singer die Weinexpertin Janina Huber mit Fragen rund um das Thema Wein.  

An dieser Stelle finden Sie Umfragen von Opinary.

Um Inhalte von Drittdiensten darzustellen und Ihnen die Interaktion mit diesen zu ermöglichen, benötigen wir Ihre Zustimmung.

Mit Betätigung des Buttons "Fremdinhalte aktivieren" geben Sie Ihre Einwilligung, dass Ihnen Inhalte von Drittanbietern (Soziale Netwerke, Videos und andere Einbindungen) angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an die entsprechenden Anbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

x