INTERVIEW Bülent Ceylan: „Dialekt gibt mir ein Heimatgefühl“
Sein Mannheimer Dialekt ist sein Markenzeichen. Mit seinen Multikulti-Späßen im badischen Slang wurde Bülent Ceylan zu einem der beliebtesten Comedians Deutschlands – jetzt beleuchtet der 45-Jährige in der Sendung „Kulturzeit extra: Hochdeutsch verboten“ (16.4., 19.20 Uhr, 3sat) den Stellenwert von Dialekt in der modernen Welt. Dabei spricht Ceylan durchgehend seinen Heimatdialekt Kurpfälzisch und 3sat-Moderatorin Nina Brunner parliert auf Schweizerdeutsch, beide werden untertitelt. Bülent Ceylan kam 1976 in Mannheim als Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters auf die Welt, er nahm während seiner Schulzeit klassischen Gesangsunterricht und begeisterte schon am Gymnasium seine Mitschüler mit Parodien von Boris Becker oder Helmut Kohl.
Herr Ceylan, Sie gestalten bei 3sat eine Spezialausgabe der „Kulturzeit“ zum Thema Dialekt – auf Kurpfälzisch. Was lieben Sie an Ihrem Heimatdialekt?
Er ist sehr bodenständig und warmherzig, es gibt mir ein Heimatgefühl, wenn ich den Mannheimer Dialekt höre. Deshalb machen wir ja auch diese Spezialausgabe der „Kulturzeit“, um zu zeigen: Hey, es ist wichtig, dass man seine Wurzeln nicht vergisst – und man muss sich für seinen Dialekt auch nicht schämen. Manche Leute genieren sich ja, Dialekt zu sprechen, aus Angst, dass man sie dann für nicht so clever hält. Das finde ich traurig, denn Dialekt ist ja Teil der Kultur und der Herkunft. Das hat was mit Authentizität zu tun.
Haben Sie ein Lieblingswort im Dialekt?
Ich finde „Allahopp“ gut, gerade am Ende eines Gesprächs. Das hat was Optimistisches: „Kopf nicht hängen lassen, allahopp!“ Das finde ich gerade in dieser Zeit ganz wichtig.
Wie kam es zum „Kulturzeit“-Special?
Ich habe irgendwann mal eine „Kulturzeit“-Ausgabe gesehen, die komplett auf Latein war – mit Untertiteln. Und da habe ich gedacht, das könnte man doch auch mal auf Kurpfälzisch machen. Die Redaktion fand die Idee gleich super, aber weil sie ja eine Kultursendung sind, wollen sie ein bisschen mehr Information vermitteln, zum Beispiel über die Geschichte der Kurpfalz.
Was passiert in der Sendung genau?
Man lernt richtig viel in der Sendung, und es ist auch witzig. Es wird alles mit Untertiteln gemacht. Es geht unter anderem um die Nachfahren pfälzischer Auswanderer in Pennsylvania, die reden noch ein ganz altmodisches Kurpfälzisch. Wenn die zum Beispiel sagen „Meine Tochter is e bissl bleed“, dann heißt das nicht etwa doof, sondern schüchtern. Und ich interviewe die Schauspielerin Nina Kunzendorf, die ja aus Mannheim ist. Sie hat dasselbe Gymnasium besucht wie ich, und ich habe sie damals schon beim Schulfest auf der Bühne gesehen. Bei mir in der Sendung spricht sie richtig Dialekt, das wird für viele ungewohnt sein.
Neulich haben Sie als Gast in Max Mutzkes Talkshow „Lebenslieder“ sogar etwas von Franz Schubert gesungen …
Ich habe schon immer irgendwie gesungen, aber die meisten Leute haben mich erst nach meinem Auftritt bei „The Masked Singer“ als Sänger registriert. Wenn ich früher in eine Show eingeladen wurde, hieß es: Mach mal ein Stand-up. Jetzt heißt es: Sing mal was! Das ist cool, aber das heißt nicht, dass ich in Zukunft nur noch singe.
Wäre eine Karriere in der klassischen Musik eine Option gewesen?
Ich habe in meiner Schulzeit Gesangsunterricht gehabt, und viele haben damals zu mir gesagt: Du hast das Zeug zum Opernchorsänger. Aber ich möchte nach vorne gehen, nicht im Chor stehen. Die Superstars sind ja meistens die Tenöre. Ich habe von Geburt an eine tiefe Stimme. Ich hab mir dann gesagt: Ich liebe das, aber die Comedy war mir näher, und im Nachhinein war es auch gut so.
Ihre frühesten Comedynummern, Parodien auf Boris Becker und Helmut Kohl, hatten auch mit Dialekt zu tun…
Das kann man so sagen. Ich habe das sehr gerne gemacht, Stimmenimitation, und das war für mich der Durchbruch, was die Mädels angeht. Ich hatte Cordhosen an und so weiter, ich war nicht der Typ, den die Mädchen cool fanden – aber als ich sie zum Lachen gebracht habe, das fanden sie dann gut.
Wegen der Corona-Krise können Sie ja momentan nicht live aufgetreten. Wofür nutzen Sie die Zeit?
Ich schreibe zum Beispiel ein Buch, über das ich aber noch nichts verraten darf, und ich genieße die zusätzliche Zeit mit meiner Familie. Das ist aber auch das einzig Gute, was ich der Krise abgewinnen kann. Ich vermisse das Touren. Fernsehen ist schön, Radio machen ist schön – aber ich bin ein Live-Künstler, und ich vermisse das Publikum sehr.
Werden Sie Corona in Ihr nächstes Programm aufnehmen?
Ich werde es nicht zum Hauptthema machen, aber gewisse Sachen kann man nicht ignorieren. Meinen ersten Corona-Gag habe ich schon gemacht von wegen Mundschutz: „Ey, jetzt weiß ich, was ihr Deutschen gelitten habt unter uns Türken, denn jetzt rieche ich den Knoblauch selber.“ (lacht).