Oper Düsterschöne Familientragödie: Verdis „Don Carlo“ am Pfalztheater Kaiserslautern
„Ella giammai m’amo! – Sie hat mich nie geliebt“, schluchzt König Philipp II. von Spanien zu Beginn des vierten Akts. Seine Klage ist herzerweichend und wird, sehr prägnant, von düsteren Orchesterfarben und einem elegischen Cellosolo eingeleitet. Und doch ist Philipps Gejammer auch scheinheilig. Denn schließlich war er es, der dem eigenen Sohn, dem titelgebenden Don Carlo(s), die Braut vor der Nase wegschnappte. Und Elisabeth, die Königin? Sie ließ sich, obschon in den Sohn verliebt, zur Ehe mit dessen Vater pressen, um ihrem französischen Volk zu dienen: Lieblosigkeit aus Staatsräson.
Sicher, es geht in Verdis „Don Carlo“, der hier nach der „Jungfrau von Orleans“, den „Räubern“ und „Kabale und Liebe (Luisa Miller)“ sein viertes Schiller-Drama vertonte, auch um Krieg, Inquisition und Freiheitskampf. Noch mehr aber geht es um das Verlangen nach persönlicher Freiheit, nach individuellem Glück, das an politischen Zwängen scheitert.
Hendrik Müller führt Regie
Auch Hendrik Müller, der die Verdi-Oper am Pfalztheater Kaiserslautern inszeniert, liest das Musikdrama primär als Familiengeschichte: „Wir erleben hier nicht nur eine unglückliche Liebesgeschichte, sondern eine Familientragödie. In der Geschichte dieser damals mächtigsten Familie der Welt spiegelt sich zugleich eine dysfunktionale, aus den Fugen geratene Welt“, erläutert der Regisseur. Müller, der 1977 in Berlin geboren wurde, arbeitet regelmäßig am Staatstheater Meiningen, am Staatstheater Osnabrück oder auch am Schleswig-Holsteinischen Landestheater; an der Oper Frankfurt inszenierte er 2017 einen „Rigoletto“, der 2022 wiederaufgenommen wurde.
Verdis grandiose Musik
Schillers sogenanntes Ideendrama inspirierte Verdi zu grandioser Musik. Angefangen mit dem beklemmenden, quasi weihrauchgeschwängerten Mönchschor am Grabmal Karls des Großen über den jugendlich-schmissigen Duett-Hit, in dem Carlos und Rodrigo (Posa) einander ewige Treue schwören, bis hin zu eben jener eingangs geschilderten Szene, in der sich König Philipp der Einsamkeit bewusst wird, zu der ihn die Macht verdammt.
Ursprünglich konzipierte Verdi seine Vertonung des Schillerdramas übrigens als französischsprachige Grand Opéra. Diese Fassung erlebte ihre Uraufführung 1867 in Paris. 1884 erstellte Verdi dann eine auf vier Akte gekürzte italienische Version. Zwei Jahre später fügte der Komponist, für eine Aufführung in Modena, den ersten Akt – Elisabeth und Don Carlos treffen sich in Fontainebleau – wieder hinzu. Diese letzte italienische Fassung von 1886 erklingt am Pfalztheater, unter der Leitung von Daniele Squeo.
Giuseppe Verdi: »Don Carlo« – Premiere: So 11.2., 18 Uhr,
Kaiserslautern, Pfalztheater, nächste Termine: 15.2., 25.2., 10.3., 24.3., Karten: 0631 3675209, www.pfalztheater.de