MODERNE: Kunst der »verschollenen Generation« im Schloss Kleinniedesheim Die Schatten eines doppelten Verhängnisses

Gustav Schopf: Reiter vor der Stadt (1960er Jahre, Öl auf Malplatte).
Gustav Schopf: Reiter vor der Stadt (1960er Jahre, Öl auf Malplatte).

Für nicht wenige deutsche Künstler der Moderne war die NS-Zeit gleich ein doppeltes Verhängnis. Wurde ihnen zum einen, oft als entartet gebrandmarkt, das künstlerische Arbeiten erschwert oder gar unmöglich gemacht, so fanden viele nach dieser Zeit nicht wieder den Anschluss an den Kunstbetrieb. Für diese Künstler hat sich ein Begriff gefunden: Man spricht von der „verlorenen“ oder „verschollenen Generation“. Ihnen gilt die nächste Ausstellung im Schloss Kleinniedesheim.

Zwischen 1890 und 1910 geboren, waren sie als Maler, Bildhauer, Musiker oder Literaten in der Weimarer Zeit bereits in Erscheinung getreten oder standen kurz davor, als die beginnende NS-Zeit ihre weitere Entfaltung jäh beendete. Das betraf vor allem Künstler, die wegen ihrer jüdischen Herkunft, ihrer politischen Einstellung oder ihrer künstlerischen Ansichten aus dem Kunstbetrieb verdrängt wurden, so Oliver Bentz, der Kurator der Ausstellung.

Den Begriff „verschollene Generation“ prägte der Marburger Kunsthistoriker Rainer Zimmermann 1980 in einem Buch über diese „Deutsche Malerei des expressiven Realismus von 1925–1975“. Manchmal spricht man auch von der „verlorenen Generation“, angelehnt an den Begriff „Lost Generation“, den Gertrude Stein für die amerikanische Schriftstellergeneration der 1920er Jahre gewählt hatte. Zumeist handelt es sich um Künstlerinnen und Künstler, die ihre Wurzeln in den verschiedenen Spielarten des Expressionismus haben, aber auch anderen Ansätzen der künstlerischen Moderne folgten.

Die Ausstellung im Schloss Kleinniedesheim zeigt Arbeiten, auf deren Schöpfer das geschilderte Schicksal zutrifft. Da sie zum einen an ihren Karrieren nicht weiterarbeiten konnten, zum anderen mit ihren Ansätzen nach dem Krieg nicht mehr gefragt waren, sind sie in der Breite zumeist wenig bekannt. Stellvertretend nennt Oliver Bentz Namen wie Lou Albert-Lasard, Friedrich G. Einhoff, Hans Fronius, Manfred Henninger, Hermann Junker, Willy Knoop, Wilhelm Kohlhoff, Wilhelm Lachnit, Ludwig Meidner, Bruno Müller-Linow, Max Oppenheimer, Gustav Schopf, Karl Schwesig oder Will Sohl. Nach 1945 musste ein Großteil von ihnen – manche haben in den Kriegszeiten zudem ihren kompletten Werkbestand verloren – ganz von vorne beginnen mit schlechten Aussichten, sich im Kunstbetrieb nun durchsetzen zu können.

In den letzten Jahrzehnten erlebten die Werke der Künstler der „verschollenen Generation“ verstärkte Aufmerksamkeit. 2010 etwa widmete sich das damalige Museum Pachen, heute Museum für Kunst, in Rockenhausen dieser Kunst, die oft still, demütig, melancholisch, wenig auftrumpfend wirkt und stilistisch sehr vielseitig unterwegs ist.

Zu weiteren Entdeckungen in diesem Feld beitragen will die Ausstellung im Schloss Kleinniedesheim mit Leihgaben aus drei privaten Sammlungen.

Fritz Zalisz, Selbstbildnis (20er Jahre, Öl auf Holz).
Fritz Zalisz, Selbstbildnis (20er Jahre, Öl auf Holz).
Willy Knoop: Selbst mit Gattin (1957, Öl auf Holz).
Willy Knoop: Selbst mit Gattin (1957, Öl auf Holz).
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