Wandern im Pfälzerwald Aussichten der Tuchmacher: Rundwanderung ab Bahnhof Lambrecht

Plötzlich ist man ganz weit weg von allem: Heidelandschaft auf dem Schauerberg.
Plötzlich ist man ganz weit weg von allem: Heidelandschaft auf dem Schauerberg.

„Aussichten der Tuchmacher“ – die knapp elf Kilometer lange Runde bei Lambrecht hält, was ihr Name verspricht. Sie eröffnet dem Wanderer herrliche Ausblicke, manche davon zivilisationsnah, andere erhaben, fast entrückt. Zeitweise wähnt man sich ganz woanders, in einer Heidelandschaft hoch auf dem Berge. Anfangs aber geht es nicht um Wald, sondern um Wirtschafts- und Industriegeschichte.

Dass Lambrecht bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein ein Zentrum der Tuchmacherei war, bildet den historischen Hintergrund der Tour, die man idealerweise mit dem Zug ansteuert. Sie startet nämlich direkt am Lambrechter Bahnhof, wo man auch gleich auf das erste architektonische Relikt vergangener Stoffwirtschaftsblüte stößt: den Marx-Turm. 1885 im ziselierten Stil der Neogotik errichtet, diente der steinerne Hingucker als Belvedere, Bibliothek, Bad und Wasserturm für das angrenzende Wohnhaus des Tuchfabrikanten Carl Marx, der offensichtlich ein anderes Verhältnis zum Kapital hatte als sein in Trier geborener Namensvetter.

An dieser Stelle finden Sie Kartenmaterial von Outdooractive

Um Inhalte von Drittdiensten darzustellen und Ihnen die Interaktion mit diesen zu ermöglichen, benötigen wir Ihre Zustimmung.

Mit Betätigung des Buttons "Fremdinhalte aktivieren" geben Sie Ihre Einwilligung, dass Ihnen Inhalte von Drittanbietern (Soziale Netwerke, Videos und andere Einbindungen) angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an die entsprechenden Anbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Nachlesen kann man die lokalhistorischen Hintergründe auf einer Cortenstahlstele, die zu einer neuen Audiotour mit dem Titel „Saladin und die Tuchmacher“ gehört. Im ersten Teil unseres Themenwegs, dessen Logo einen Stoffballen mit Schere zeigt, kreuzen wir diese Audiotour wiederholt. So auch am Zunfthaus, einem prächtigen Fachwerkgebäude von 1607. Es verweist in jene Zeit, als Wallonen, protestantische Migranten aus dem französischen Teil Belgiens, das Tuchmachergewerbe in Lambrecht etablierten: Der Pfälzische Kurfürst Friedrich III. hatte die Glaubensflüchtlinge 1568 in den Gebäuden des zuvor aufgelösten Dominikanerinnenklosters St. Lambrecht angesiedelt.

Erste Tuchmacher-Aussicht: Lambrecht-Panorama aus Streuobstwiesenperspektive. Die gotische Klosterkirche dominiert dasBild.
Erste Tuchmacher-Aussicht: Lambrecht-Panorama aus Streuobstwiesenperspektive. Die gotische Klosterkirche dominiert dasBild.

Die ehemalige Klosterkirche, ein einschiffiger gotischer Bau des 14. Jahrhunderts, ist unsere letzte historische Station, ehe es richtig auf Wanderschaft geht. Den Einstieg kann man allerdings leicht verpassen. In der Grabenstraße zweigt links ein schmaler Pfad ab, der mehr wie ein Grünstreifen zwischen zwei Häusern aussieht. Ein paar Stufen führen empor, ein Geländer mit dickem Tau bietet Halt in der steilen Passage, dann gilt’s, eine ruckelige Gartenpforte zu öffnen – und alsbald steht man auf einem Streuobstwiesenhang, wo sich dem Auge die erste Tuchmacher-Aussicht eröffnet: Lambrecht-Panorama, von Obstbäumen gerahmt.

Aussichtsreicher Wildsaukopf

Im Folgenden passiert der Weg erst den Friedhof, dann den kleinen Hermann-Schneid-Brunnen. Er wandelt sich zum schmalen Pfad der Tugend, auf dem Schilder Bescheidenheit, Pflichterfüllung und andere aus der Mode gekommene Eigenschaften preisen – skurril! An einer Weggabelung gehen wir nicht geradeaus zur Nonnenboll, sondern biegen rechts ab und erreichen schließlich, auf einer Höhe von etwa 380 Metern über Normalnull, den „Stein des Gleichgewichts“ mit anthroposophisch angehauchtem Sinngedicht.

Zweite Tuchmacher-Aussicht: Blick vom Wildsaukopf über Lambrecht.
Zweite Tuchmacher-Aussicht: Blick vom Wildsaukopf über Lambrecht.

Der Aufstieg auf den Schauerberg geht weiter. Bis zum Kaisergarten, dem höchsten Punkt der Wanderung, sind noch 140 Höhenmeter zu schaffen. Doch schon am Wildsaukopf ist wieder Innehalten angesagt. Denn hier bietet sich der zweite markante Ausblick über Lambrecht, das jetzt klein da unten liegt, eingebettet zwischen grüne Bergkämme unter weitem Quellwolkenhimmel – die Tuchmacherstadt aus der Vogelperspektive.

Nach dem Kaisergarten blüht die Heide

Drei baumschattenreiche Kilometer und ein wiederum aussichtsreiches, vom Sommerwind durchwehtes Hochwiesenszenario später erreichen wir den sogenannten Kaisergarten. 1804 wurde hier, auf einer Höhe von 519 Metern, an der Stelle einer alten Viehwaldweide ein Festplatz angelegt. Anlass war Napoleons Erhebung zum Kaiser, die per amtlicher Anordnung auch in der damals französisch besetzten Pfalz zu feiern war.

Höchster Punkt der Wanderung: Der Kaisergarten wurde 1804 auf einer Höhe von 519 Metern als Tanzplatz angelegt, um Napoleons Krö
Höchster Punkt der Wanderung: Der Kaisergarten wurde 1804 auf einer Höhe von 519 Metern als Tanzplatz angelegt, um Napoleons Krönung zum Kaiser zu feiern.

Geblieben sind vom napoleonischen Festplatz nur eine Schutzhütte und ein paar Picknickbänke. Wobei die Tour ohnehin nicht geizt mit Rastplätzen. Wer trotzdem einen Hüttenbesuch in die Wanderung einbinden möchte, kann vom Kaisergarten einen Abstecher zur Hellerhütte machen. Das sind dann, hin und zurück, fünf Kilometer extra; die Strecke ist ausgeschildert.

Berauschend schöne Tuchmacher-Aussicht: Rastplatz im Heide-Farn-und-Kiefern-Abschnitt nach dem Kaisergarten.
Berauschend schöne Tuchmacher-Aussicht: Rastplatz im Heide-Farn-und-Kiefern-Abschnitt nach dem Kaisergarten.

Auf den Kaisergarten folgt der landschaftlich schönste Teil der Wanderung. Unser Weg, der in diesem Abschnitt mit dem Pfälzer Hüttensteig fusioniert, gerinnt zum sandigen Pfad, der auf der Westflanke des Schauerbergs durch eine regelrechte Heidelandschaft führt. Dichte Polster aus blassrosa blühenden Erika-Stauden wechseln mit sattgrünen Teppichen aus niedrigem Farn. Dazwischen steilen Hochstammkiefern empor. Eine kleine Abzweigung vom Weg bringt uns hinauf zu einem weiteren Aussichtspunkt mit Wellenliegen. Von hier aus betrachtet, wirkt der Pfälzerwald fast mediterran. Die grünen Mittelgebirgswellen am Horizont ersetzen das Meer.

Nach kurzer Auszeit geht’s über den „Runden Tisch“ und den „Stein der Bewegung“ zur letzten Aussicht der Tuchmacher: Vom sechs Meter hohen hölzernen Turm, der 1933 in Blockhausmanier auf dem Dicken Stein errichtet wurde, überblicken wir nochmals Lambrecht und Umgebung, ehe wir über Serpentinen absteigen, zurück ins Städtchen und zum Bahnhof.

Letzter Tuchmacher-Aussichtspunkt: der Holzturm auf dem Dicken Stein.
Letzter Tuchmacher-Aussichtspunkt: der Holzturm auf dem Dicken Stein.

Wegweiser

Aussichten der Tuchmacher – Rundwanderung über den Schauerberg ab Bahnhof Lambrecht, 10,6 Kilometer, 354 Höhenmeter, Schwierigkeitsgrad: mittel; Rucksackverpflegung. Erweiterung mit Einkehrmöglichkeit: Hellerhütte (2,5 Kilometer ab Kaisergarten auf dem Pfälzer Hüttensteig)

Wie gemalt: Landschaft auf dem Schauerberg, zwischen Wildsaukopf und Kaisergarten.
Wie gemalt: Landschaft auf dem Schauerberg, zwischen Wildsaukopf und Kaisergarten.
Für alle, die auf Rucksackverpflegung setzen: An vielen Punkten der Tour finden sich schöne Rastplätze.
Für alle, die auf Rucksackverpflegung setzen: An vielen Punkten der Tour finden sich schöne Rastplätze.
Wegzeichen: Im zweiten Teil der Wanderung deckt sich der Themenweg mit dem Pfälzer Hüttensteig.
Wegzeichen: Im zweiten Teil der Wanderung deckt sich der Themenweg mit dem Pfälzer Hüttensteig.
Hohe Fichten: auf dem Schauerberg.
Hohe Fichten: auf dem Schauerberg.
6132637_1_org_Pfaelzerwald_Newsletter_-_Contentbox_16_x_9

Kennen Sie schon unseren Pfälzerwald-Newsletter?

Wo gibt es neue Wanderwege? Siedelt sich wirklich ein Wolfsrudel im Pfälzerwald an? Welche Hütten haben zur Zeit offen? Jeden Donnerstag schreiben RHEINPFALZ-Autorinnen und -Autoren aus der gesamten Pfalz über Themen rund um den Pfälzerwald. Jedes Mal mit Ausflugstipp!

An dieser Stelle finden Sie Umfragen von Opinary.

Um Inhalte von Drittdiensten darzustellen und Ihnen die Interaktion mit diesen zu ermöglichen, benötigen wir Ihre Zustimmung.

Mit Betätigung des Buttons "Fremdinhalte aktivieren" geben Sie Ihre Einwilligung, dass Ihnen Inhalte von Drittanbietern (Soziale Netwerke, Videos und andere Einbindungen) angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an die entsprechenden Anbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

x