Wandern im Pfälzerwald Im Zeichen des romanischen Burgtors: „Schätze der Leininger“ bei Bad Dürkheim
Knallgrüne Moose leuchten mit lindgrünem Farn um die Wette. Noch stiehlt ihnen keine andere Vegetation im Wald die Show. Trotzdem liegt an diesem Februarwandertag eine Ahnung von Frühling in der Luft – die Vögel pfeifen es aus sämtlichen Baumkronen. Ihr Konzert begleitet uns auf dieser etwa 13 Kilometer langen Tour, die im Wald westlich Bad Dürkheims „Schätze der Leininger“ miteinander verknüpft.
Wir starten vom Parkplatz am Eingang ins Klaustal. Ein kurzer Aufstieg bringt uns zum ersten der Leininger Schätze, dem Nonnenfels.
Verbotene Liebe im Pfälzerwald
Der Sage nach hauste am und im Nonnenfels Adelinde, Grafentochter aus dem Hause Leiningen, nachdem ihre unziemliche Liaison mit dem Knappen ihres Vaters aufgeflogen war. Der junge Mann musste fliehen, wurde Kreuzritter, starb im Heiligen Land. Adelinde ging ins Kloster und bezog dann die Felsenklause, um anderen Gutes zu tun. Sogar ihrem hartherzigen Vater, als dieser sich bei der Jagd verletzte.
Wie gesagt: Sage. Wahrscheinlicher ist, dass der von Menschenhand bearbeitete und befestigte Buntsandsteinklotz als Vorwerk der Hardenburg diente, deren massige Bollwerke man schräg gegenüber, jenseits der B 37, erspäht. Aufgehendes Mauerwerk hat sich von dieser Vorburg nicht erhalten, dafür eine Felsenkammer mit Felssäule. Eine weitere Kammer ist eingestürzt, ihre dicke Deckplatte liegt nun schräg vor dem Felsklotz, der vermutlich eine kleine Oberburg trug. Balkenlöcher zeugen davon, dass dieser Felsenkern ehedem von Anbauten umgeben war.
Über die Rote Hohl zum Rahnfels
Nach diesem Auftakt noch im Dunstkreis der Hardenburg geht es tiefer hinein ins ehemalige Territorium der Grafen von Leiningen. Das Signet mit dem stilisierten Tor der Burgruine Schlosseck weist den Weg. Als schmaler Pfad führt er zunächst durch Kiefernwald, dann hinab ins Pfaffental, wo ein Zufluss der Isenach aus eckig gefasster Quelle entspringt.
Hier gabelt sich der Weg; wer will, kann zuerst zur Schlosseck und dann zum Rahnfels wandern. Wir machen es umgekehrt und laufen zunächst zur Roten Hohl, wo ein Ritterstein des Pfälzerwald-Vereins darauf aufmerksam macht, dass sich an dieser Stelle einst zwei alte Verkehrswege kreuzten. Heute liegt die Rote Hohl an der Landstraße, die von Leistadt nach Höningen führt.
Vor allem im ersten Teil der Wanderung gilt es, einen Wechsel aus respektablen Auf- und kommoden Abstiegen zu meistern – Trittsicherheit, festes Schuhwerk und Kondition sind auf dieser gut markierten Tour durchaus gefordert. Dafür erweisen sich die Pfade, die auf den Rahnfels und anschließend hinab in Richtung Schlosseck führen, als landschaftlich besonders reizvoll. Zwischen der Roten Hohl und dem Rahnfels ist außerdem ein alter Grenzstein der Leininger aus den 1580er-Jahren zu entdecken, gut zu erkennen am Wappen mit den drei Adlern oder Falken. Ein ähnliches „Modell“ findet sich auf dem Ganerbenweg im Wald bei Leistadt.
Wanderer über dem Nebelmeer
Auf dem Rahnfels, immerhin 516 Meter über Normalnull gelegen, herrscht dann seltsames Zwielicht: Wie in Watte gepackt leuchtet die Sonne milchig-trüb durch den Hochnebel, der sich an diesem Tag hartnäckig hält. Weißliche Dunstschwaden dampfen aus den Tälern über die benachbarten Berghänge – man fühlt sich wie Caspar David Friedrichs berühmter „Wanderer über dem Nebelmeer“. Doch die Frankenthaler Hütte im Rücken erinnert daran, dass wir uns noch immer im Pfälzerwald befinden: Die unbewirtschaftete Blockhütte wurde 1906 errichtet, als zweites Bauwerk des vier Jahre zuvor gegründeten Pfälzerwald-Vereins. Rechts und vor allem links von Schutzhütte, Aussichtskanzel und Picknickbänken präsentiert der Rahnfels urige Natur, mit gänzlich bemoosten Sandsteinfindlingen und grünspanigen, gewundenen Baumstämmen.
Das Mysterium von Schlosseck
Drei Kilometer südöstlich vom Rahnfels stoßen wir dann auf jene Architektur, die das Logo dieses Wanderwegs inspirierte: Das romanische Tor der Burg Schlosseck ist wunderschön. Vogelskulptu-ren – vielleicht Adler oder Falken wie auf dem erwähnten Leininger Grenzstein – zieren die vorkragenden Kämpferplatten, die den Rundbogen tragen. Dieser wird durch ein Palmettenband und im Scheitel durch einen grotesken Männerkopf akzentuiert. An der oberen Kante dekoriert ein Rundbogenfries das Burgtor.
1880 wurde das aufwendig gestaltete Portal aus originalen Steinen, die damals bei Grabungen zutage kamen, rekonstruiert. Die weiteren Reste der Anlage, so dürftig sie auf den ersten Blick erscheinen mögen, verraten ebenfalls ein ambitioniertes Bauprojekt. Da gibt es, gleich neben dem Tor, den Stumpf eines fünfeckigen, mit Buckelquadern gepanzerten Bergfrieds. Auch die Ringmauer, die die ovale, zum Halsgraben hin zur Schildmauer abgeflachte Anlage heute noch bis zu fünf Lagen hoch umschließt, bestand offenbar durchgehend aus Buckelquadern.
Und damit beginnen die Fragen. Wer konnte sich so ein qualitätvolles Bauwerk leisten? Waren es wirklich die Grafen von Leiningen, auf die die Vogelskulpturen am Tor hindeuten? Oder doch das Reich? Oder der Abt des Klosters Limburg, dem damals der Wald um Schlosseck gehörte? Und wann wurde die Burg zerstört? Oder wurde sie vielleicht nie zu Ende gebaut, das Begonnene wieder niedergerissen, weil der Bau nicht genehmigt war?
All das weiß man nicht. Es fehlen urkundliche Nachrichten. Selbst der ursprüngliche Name der Burg über dem Isenachtal ist nicht überliefert. Also reden nur die erhaltenen Steine. Demnach wurde Schlosseck um 1150 erbaut und mutmaßlich bereits im frühen 13. Jahrhundert zerstört oder aufgegeben. Mit dem ungelösten Rätsel dieser Ruine im geistigen Marschgepäck geht’s zurück zum Nonnenfels. Wer dann noch Energie hat, besichtigt zusätzlich die Hardenburg, die größte Feste der Leininger.
Schätze der Leininger, mittelschwere Wanderung, ca. 13 km, 467 Höhenmeter, Start: Parkplatz Klaustal bei Bad Dürkheim-Hardenburg; Hardenburg: Sa/So 10-17 Uhr (ab 15.3. Do-So), Einlass bis 16 Uhr