Interview Edsel: „Pfälzer ist jeder, der sich als Pfälzer fühlt“

Pfälzer ist für ihn jeder, der sich als Pfälzer fühlt: Thomas „Edsel“ Merz
Pfälzer ist für ihn jeder, der sich als Pfälzer fühlt: Thomas »Edsel« Merz

Was die Pfalz so besonders macht, weiß Thomas „Edsel“ Merz ganz genau. Im Interview erklärt der Sänger der Anonyme Giddarischde, wann ein Mensch zum Pfälzer wird.

Was ist für dich Pfalz?
Pfalz ist der Geist, der unsere Feste und all das beseelt, wo sich Pfälzerinnen und Pfälzer treffen. Pfalz ist Geselligkeit, sehr integrierend und manchmal auch zupackend. Der Satz „Kumm, hock dich her, ich ritsch e Stick“ hat manchen, der schon auf dem Heimweg ist, zu Sachen verleitet, die später sagen lassen: „Naja, er war halt Opfer der Umstände.“ Aber immer im guten Sinne. Das ist Pfalz.

Also ist Pfalz eher ein Gefühl?
Ja, es gibt viele gegenständliche Sachen: Der Wald, der Wein, die Reben, aber was uns wahrhaft alleinstellt, ist, dass wir an langen Tischen in langen Nächten gerne beisammen sitzen. Und mit allen, die da sind. Im Prinzip ist das ein Beleg für die Völkermühle am Rhein. Das erleben wir auch auf vielen Festen. Die Menschen kommen aus der Kurpfalz, dem Odenwald, aus Heidelberg, aus Frankfurt, Hanau, Offenbach. Und alle sagen, dass sie sich als Pfälzer fühlen, wenn sie hier bei uns in der Pfalz sitzen. Dass sie sich so fühlen, erhebt sie in dem Moment zu Pfälzerinnen und Pfälzern – wenn das nicht so schön wäre, würden sie ja auch nicht wiederkommen.

Wo wir gerade bei Gefühlen sind: Wie fühlt es sich an, die Hymne für die Pfalz geschrieben zu haben, die jedes Kind mitträllern kann?
Wenn du ein Lied schreibst, geht das seinen Weg. Du hast das ab dann nicht mehr im Griff. Das ist nichts Schlimmes. Uns war als Intention vor 30 Jahren wichtig, dass es um Heimweh geht. Wir waren aus beruflichen Gründen oft verreist und wären gerne daheim gewesen. Es war uns auch klar: Wir stellen uns nicht über andere, wir sagen nur, wie es für uns ist. Das hat dazu geführt, dass es einen Grad an Authentizität, dass es viele angesprochen hat – was uns so zunächst nicht klar war. Ich muss umgekehrt für die Band sagen: Der Umgang mit diesem Lied hat uns so viel Demut gelehrt, weil es den Menschen so wichtig ist.

Man kann das Pfalzlied ja wahrscheinlich auch beim Giddarischde-Express hören. Wie kam es eigentlich dazu?
Wir haben das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands, aber dafür haben wir wenig gemacht. Aber der Wald wäre nicht der Pfälzerwald, wenn die Pfälzer ihn nicht überzuckert hätten mit einem Netz an Pfälzerwaldhütten, Wirtschaften und Naturfreundehäusern.

Die Pfälzer Hüttenkultur wurde ja von der Unesco als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt.
Ja, völlig zurecht! Das gibt es in keinem anderen Wald. Da kommen zwei Sachen zusammen: Dieses beeindruckend große Waldgebiet und die Wertschätzung, die ihm die Menschen entgegenbringen, indem sie ihn auf ihre Art für sich nutzbar machen und kultivieren. Das hat mich früher schon beeindruckt, als wir in Trippstadt zelten waren. Wald war mir schon immer wichtig, weil hier die Gedanken und nicht die Füße spazieren gehen. Und so kam ich schon früh in die Gegend um Elmstein und Iggelbach und dort war ich schon bei Veranstaltungen, bei denen man vorgeführt hat, wie man früher Holz im Wald bearbeitet hat und wie das den Alltag der Menschen beeinflusst hat. Eine wirklich lebendige Geschichtsstunde. Das war eine Verbindung, die ein paar Jahre später dazu geführt hat, dass wir mit dem Kuckucksbähnel – einem Teil der Pfälzer Infrastruktur – lebende Kultur mit einem Auftritt der Anonyme Giddarischde verbunden haben. Und das in Elmstein, an exponierter Stelle. Das ist nicht irgendein Dorf im Pfälzerwald. Hier stehen die ältesten Bäume der Pfalz. Wir freuen uns auch deshalb, unseren Hut hier in den Ring werfen zu dürfen.

Das klang jetzt sehr staatstragend, dabei handeln doch viele eurer Lieder vom alltäglichen Leben.
Geschichte besteht nicht nur aus dem, mit dem man die Kinder in der Schule ärgert: Wer hat wann regiert? Wer ist wann verheiratet worden? Geschichte habe ich immer begriffen als den Lebensalltag der Menschen. Wie haben sie gelebt, was hatten sie sich nutzbar gemacht? Das ist Geschichte, wie man sie von Oma und Opa kennt. Das andere ist politische Geschichte. Das kann man lehren, weil es gut auswendig lernbar ist. Aber Dinge, die die Menschen wirklich beeinflusst haben, lehren uns viel besser, warum sie Dinge anders verstanden haben. Über den Lebensalltag von heute zu singen, ist für mich immer der Inhalt von Volksmusik gewesen.

Würdest du eure Musik als Volksmusik beschreiben?
Ja, es gibt diese Volksmusik, die man mit „x“ schreibt (Das Genre „Neue Volksmusik“, ein Crossover zwischen Volksmusik, Jazz, Folk, Rock und anderen Stilen, wird von verschiedenen Künstlern auch „Volxmusik“ genannt“, Anm. d. Red.). Und da gehören wir sicher rein. Wir sind eine Mischung aus Weinfest-Guerilla und Erzähler. Ich würde uns nicht in eine Dirndl-Ecke stellen. Das tut denen nicht gut und wir grinsen uns eins. Das hat ja alles seine Berechtigung. Uns war stets wichtig, dass wir gesagt haben: Ein Volksmusiker bildet seine Lebensrealität in seiner Sprache ab. So versucht er, Nähe zu den Menschen herzustellen. Und diesem Konzept folgend haben wir gesungen, wie es bei uns in der Küche aussieht: Dass die Bananen schwarz sind, die Orangen grau, das Brot manchmal grün. Das war nicht immer schön, aber authentisch. Diesen Pfad nicht zu verlassen, war uns wichtig. Denn die Leute merken sofort, wenn du von etwas singst, von dem du keine Ahnung hast.

Verlosung

Wir verlosen Tickets für den „Anonyme-Giddarischde-Express“. Alle Infos gibt es hier.

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Hast du die Pfalz im Blut?

Liebst du die Pfalz genauso wie wir? Gehst du gerne auf Weinfeste? Kennst du dieses Pfalzgefühl, das sich nicht beschreiben lässt, weil man es einfach erleben muss? Hier gibt es Artikel für alle Pfälzer, die die Pfalz im Herzen tragen. Für alle, die wissen, wo Hettrum, Hääschde und Harschem liegen. Und für alle, die warme Sommerabende am liebsten mit ihren Freunden und Dubbeglas in der Hand verbringen.

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