Politik Überstürzte Flucht aus dem Klinikbett

Ein Polizist einer Sondereinheit
Ein Polizist einer Sondereinheit

Diktatoren sind auch nur Menschen. Auch sie werden krank, bisweilen sogar schwer. Ihr Glück: Sie bekommen die besten Ärzte der Welt. So wurde einst Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak an der Heidelberger Uniklinik behandelt. Für Demokratien wie die Bundesrepublik, die die Menschenrechte als universell und unverhandelbar erachten, sind solche Klinik-Aufenthalte umstrittener Ausländer heikel. So auch jetzt, da ein gewisser Mahmoud Hashemi Shahroudi in Hannover ärztlich behandelt wurde. Der 69-jährige Geistliche war von 1999 bis 2009 Justizchef der Islamischen Republik Iran. Er hat mehrere tausend Todesurteile unterschrieben und dabei auch die Hinrichtung von Regimegegnern, von minderjährigen Straftätern und von Vergewaltigungsopfern angeordnet. Ein Fall also für Menschenrechtler wie Volker Beck, bis 2017 Bundestagsabgeordneter der Grünen. Er erstattete Anzeige gegen Shahroudi beim Generalbundesanwalt. Im Internet entstand eine Kampagne, die noch weitere Anzeigen gegen den Ajatollah zur Folge hatte. Die Karlsruher Ermittler bestätigten der RHEINPFALZ, dass gegen Shahroudi Vorermittlungen wegen Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch eingeleitet wurden. Besonders für Bundesaußenminister Sigmar Gabriel ist der Fall unangenehm. Tausende Iraner sind zuletzt ins Gefängnis gekommen, weil sie gegen die Mullah-Diktatur demonstriert haben. Gabriel hat die Wahrung des Rechtsstaats angemahnt – für iranische Oppositionelle klingt das wie Hohn. Gabriel kennt sogar seit Jahrzehnten den Mediziner, in dessen Klinik Sharoubi in Hannover unterkam: Neurochirurg Madjid Samii hat den damaligen Wirtschaftsminister auch 2015 nach Teheran begleitet, als Gabriel versuchte, zugunsten deutscher Firmen die Früchte des Atomabkommens mit Iran zu ernten. Der Druck der Kampagne gegen Shahroudi hat dazu geführt, dass der Kleriker Deutschland gestern überstürzt wieder verlassen hat: um 13.25 Uhr mit Flug IR722 ab Hamburg nach Teheran. „Das Material reicht bisher nicht aus für einen Haftbefehl“, hieß es zwar aus der Bundesanwaltschaft. Auch soll Shahroudi einen Diplomatenpass besitzen. Aber die Teheraner Regierung wollte wohl der deutschen keine zusätzlichen Kopfschmerzen bereiten. Man braucht Berlin, wollen doch die USA gegen Iran wieder eine viel härtere Gangart einschlagen.

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