Politik Ab 18 Uhr reifen die ersten Personalentscheidungen

Wann tritt der Bundestag zusammen?

Das liegt nicht im Belieben der Fraktionen oder des noch amtierenden Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU). Denn das Grundgesetz schreibt vor: „Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen“ (Artikel 39). Das heißt: Spätestens am 24. Oktober muss die 19. Legislaturperiode eröffnet werden. Wie ist das mit dem Bundestagspräsidenten? In der Vergangenheit hat das an Lebensjahren älteste Bundestagsmitglied das Parlament eröffnet. Das allerdings hätte aller Voraussicht nach dazu geführt, dass der 77-jährige niedersächsische AfD-Politiker Wilhelm von Gottberg die Eröffnungsrede im neuen Bundestag gehalten hätte. Von Gottberg ist vor einigen Jahren wegen umstrittener Äußerungen zum Holocaust aufgefallen. Deswegen haben die Bundestagsfraktionen noch vor der Wahl die parlamentarische Geschäftsordnung geändert. Dort heißt es nun: „Bis der neugewählte Präsident oder einer seiner Stellvertreter das Amt übernimmt, führt das am längsten dem Bundestag angehörende Mitglied, das hierzu bereit ist, den Vorsitz (Alterspräsident).“ Aller Voraussicht nach wird das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sein. Er sitzt seit 1972 im Parlament. Schäuble wird wahrscheinlich also die Wahl des neuen Bundestagspräsidenten leiten. Traditionell stellt die stärkste Fraktion den Parlamentschef. Laut Geschäftsordnung ist jede Fraktion mindestens mit einem Vize-Präsidenten im Parlamentspräsidium vertreten. Sollten FDP und AfD zu den bereits im Bundestag vertretenen Fraktionen CDU/CSU, SPD, Linke und Grüne hinzustoßen, hätte das Hohe Haus in der 19. Legislaturperiode sechs stellvertretende Bundestagspräsidenten. Die Stellvertreter werden von den Abgeordneten gewählt. 2005 ist die Linksfraktion mit ihrem Wahlvorschlag Lothar Bisky viermal gescheitert. Er konnte die notwendige Mehrheit nicht erreichen. Die Linke verzichtete daraufhin auf einen weiteren Wahlgang. Erst Ende März 2006 setzte die Fraktion das Thema wieder auf die Tagesordnung – mit Erfolg. Petra Pau wurde mit der erforderlichen Mehrheit für die Linke ins Bundestagspräsidium gewählt. Unklar ist, ob mit dem Wahlvorschlag der AfD in der kommenden Legislaturperiode ähnlich verfahren wird. Wie organisieren sich die Fraktionen? In der Regel treten die neuen Fraktionen nur wenige Tage nach der Wahl erstmals in Berlin zusammen. Sie wählen dann meist ihre Fraktionsspitze. Das Amt des Fraktionsvorsitzenden ist anspruchsvoll – und insbesondere bei Oppositionsfraktionen begehrt. Denn es ist ein Amt, das Macht verspricht. Gelegentlich bleiben nach den Wahlen zum Fraktionsvorsitz Wunden zurück. Als CDU-Chefin Angela Merkel nach der verlorenen Wahl 2002 Anspruch auf den Fraktionsvorsitz erhob und auch ins Amt gewählt wurde, warf ihr der bis dahin amtierende Friedrich Merz öffentlich Wortbruch vor. Merkel habe Kandidatur und Wahl entgegen der Absprache von langer Hand vorbereitet. 2009 hat es bei der SPD Unmut gegeben. Obwohl Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier mit 23 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis für die Genossen einfuhr, hat er noch am Wahlabend in Kungelrunden seine Wahl zum SPD-Fraktionsvorsitzenden in Nachfolge von Peter Struck vorbereitet. Das ist bei manchen SPD-Fraktionären nicht gut angekommen. Wann formiert sich die neue Regierung? Das ist offen. Traditionell treffen sich Partei- und Fraktionsspitzen in den Tagen nach der Wahl zu ersten Gesprächen. Darin sondieren die Gesprächspartner, ob ihnen förmliche Koalitionsverhandlungen miteinander sinnvoll erscheinen. Ist das geklärt, nimmt in der Regel die stärkste Fraktion Verhandlungen mit einem möglichen Juniorpartner auf. Die Gespräche können Wochen dauern. Halten sich CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne und FDP an ihre Vorwahlaussagen, werden derartige Gespräche nicht mit der AfD geführt. Die Partei wird Umfragen zufolge im neuen Bundestag vertreten sein.

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