Politik Am Ende muss der Bundestag weiterhin mitentscheiden

Die Bundesregierung ist sich einig: Der Euro-Rettungsfonds ESM soll zum Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden. Damit will Deutschland Südeuropa entgegenkommen.

In der Bundesregierung nimmt der Plan Gestalt an, wie die Europäische Währungsunion weiterentwickelt werden soll. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) halten wenig vom französischen Vorschlag, einen Euro-Finanzminister zu installieren oder gar ein eigenes Budget für die Euro-Zone zu schaffen. Der Schwerpunkt der Reform soll aus Berliner Sicht darin bestehen, den Euro-Rettungsfonds ESM zum Europäischen Währungsfonds auszubauen. Hinter der Abkürzung steht ein gewaltiger Geldtopf, der zu Beginn der Euro-Krise mit einem Ausleihvolumen von 500 Milliarden Euro versehen worden ist. Wie kam der ESM zustande und wofür ist er bisher vorgesehen? Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wurde 2012 auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise gegründet. Er soll Euro-Staaten in Notfällen unterstützen und eine Brandmauer errichten, damit Krisen nicht übergreifen. Der ESM vergibt Kredite an Länder und kann Staatsanleihen aufkaufen. Im Falle Spaniens half der ESM dabei, notleidende Banken mit Kapital auszustatten. Die maximale Kreditvergabefähigkeit ist auf 500 Milliarden Euro begrenzt. Bedingung für die Finanzspritzen ist, dass die Euro-Staaten Spar- und Reformauflagen akzeptieren. Was soll der Fonds künftig leisten? Kern der Debatte ist, dass der ESM künftig nicht mehr ausschließlich in Krisenfällen tätig wird. Vielmehr soll der Fonds auch vorsorgliche Hilfen vergeben können, wenn außergewöhnliche Umstände dies erfordern. Der Vorschlag stammt vom früheren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der heute Bundestagspräsident ist. Nach Schäubles Vorstellungen könnte der ESM etwa einspringen, wenn eine gewaltige Naturkatastrophe oder eine Bankenkrise einen Euro-Staat überfordert. Welche konkreten Vorstellungen zur Fortentwicklung des ESM hat die neue Bundesregierung? Berlin will nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche verfahren. Es geht nicht nur um leichteren Zugang zu Geldmitteln, der ESM soll auch neue Aufgaben in der Haushaltsüberwachung erhalten. In Union und SPD wird über die Ausgestaltung noch debattiert. Finanzminister Olaf Scholz hat bisher Festlegungen vermieden. Er stellte jedoch klar, dass kein neuer Krisenfonds eingerichtet wird, wie dies der Internationale Währungsfonds (IWF) vorgeschlagen hat. Warum mehr Krisenvorsorge? Die Befürworter der ESM-Erweiterung argumentieren, in der Euro-Zone gebe es keine Instrumente gegen ökonomische Schocks. Dazu könnte etwa zählen, dass die Arbeitslosigkeit in einem Land plötzlich stark steigt. Der ESM soll die Rolle eines „Schlechtwetterfonds“ übernehmen. Auf diese Weise werde auch die Europäische Zentralbank (EZB) entlastet. Die südeuropäischen Länder wollen erreichen, dass der ESM seine vorsorglichen Hilfen nicht mehr als Kredite vergibt. Vielmehr sollen Zuwendungen möglich sein. Das würde bedeuten, die Gelder müssten nicht mehr zurückbezahlt werden. Das stößt aber in der Bundesregierung auf Widerstand. Die Union will daran festhalten, dass Kredite nur gegen Bedingungen gewährt werden. Dieser Grundsatz entspricht dem geltenden Regelwerk des ESM. Wer soll das Sagen haben? In der Diskussion spielt eine große Rolle, wer künftig beim ESM entscheidet. Bisher befinden die Euro-Länder in jedem einzelnen Fall über Anträge auf Finanzmittel. Beim ESM handelt es sich um eine „intergouvernementale“ Institution: Die nationalen Regierungen und Parlamente haben das letzte Wort. Also muss auch der Bundestag über Kredite und Programme abstimmen. Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, den Fonds in europäisches Gemeinschaftsrecht zu überführen, es gleichzeitig bei den Mitspracherechten des Bundestags zu belassen. Eine neue EU-Institution stößt nicht nur innerhalb der Regierung auf Widerstand. „Bei jeder Auszahlung muss der Bundestag zustimmen. So hat es das Bundesverfassungsgericht vorgegeben, davon rücken wir nicht ab“, so Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der Union. Kommentar

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