Meinung Argentiniens Präsident Milei: Im Ausland geehrt, daheim kritisiert

Trifft am Sonntag Kanzler Olaf Scholz – aber nur kurz: Argentiniens Präsident Javier Milei.
Trifft am Sonntag Kanzler Olaf Scholz – aber nur kurz: Argentiniens Präsident Javier Milei.

Argentiniens Präsident Javier Milei verfolgt in seinem Land einen strengen Sparkurs. Gleichzeitig unternimmt er Reisen ohne großen diplomatischen Nutzen. An diesem Wochenende steht Deutschland auf dem Programm.

Während Javier Milei daheim in Argentinien politisch und sozial keinen Stein auf dem anderen lässt, hat er immer noch genug Zeit, durch die Weltgeschichte zu jetten. In seinen bisherigen sechs Monaten im Amt ist der argentinische Staatschef schon mehr als sieben Mal im Ausland gewesen, gleichzeitig nehmen die Proteste gegen seinen radikalen Sparkurs im Land zu. Gleich nach Amtsantritt flog Milei im Januar in die Schweiz zum Davoser Weltwirtschaftsforum und verbreitete dort seine kruden, libertären und staatsverachtenden Theorien.

Weil daheim die Staatskassen leer sind, schrottet Milei den Sozialstaat, kündigt Zehntausende Staatsdiener und streicht Bedürftigen die Essenshilfe. „No hay plata“ – es gibt kein Geld, wiederholt er wie ein Mantra. Aber genügend „plata“ für Reisen nach Israel, in den Vatikan, nach Italien, Spanien, El Salvador und gleich drei Mal in die USA war dann aber doch da. Und nun stehen Spanien, Tschechien und erstmals Deutschland auf dem Programm.

In allen drei Ländern bekommt der pöbelnde Populist aber vor allem Medaillen von neoliberalen Instituten oder Thinktanks umgehängt. Der diplomatische Nutzen des Trips ist überschaubar, da Besuche bei den lokalen Regierungen nicht geplant oder auf ein Minimum reduziert sind. Am Sonntag trifft der Staatschef in Berlin Kanzler Olaf Scholz zu einem Kurzbesuch.

Am Tag davor ehrt die Hayek-Gesellschaft in Hamburg Milei als „leuchtendes Beispiel für die Kraft liberaler Ideen“. Die nach dem Vordenker des Neoliberalismus und Libertarismus Friedrich August von Hayek benannte Gesellschaft passt ideologisch gut zu Argentiniens Machthaber. Immer wieder steht sie wegen angeblicher Nähe nach rechtsaußen in der Kritik.

Milei reist zwar immer als Staatschef um den Globus, aber lieber als Amtskollegen zu treffen, tritt er wie in den USA auf konservativen Konferenzen auf, macht Rechtspopulisten seine Aufwartung. In Spanien war er im Mai beim Parteitag der ultrarechten Vox-Partei und provozierte nebenbei noch einen diplomatischen Eklat. Er bezeichnete Begoña Gómez, die Frau des Regierungschefs Pedro Sánchez, als „korrupt“.

Dieser Tage legte Milei nach: Der Sozialist Sánchez sei „feige“, wolle das Land in ein zweites Venezuela verwandeln. Beim Zerschlagen diplomatischen Porzellans ist der 53-Jährige weltweit unübertroffen.

Und immer mehr Argentinier schämen sich, wie ihr Präsident sie und ihr Land nahezu überall blamiert und bloßstellt. Derweil warten die Nachbarn Chile, Uruguay und Brasilien, das zudem wichtigster Handelspartner Argentiniens ist, noch immer auf den ersten Besuch Mileis.

Mal sehen, welche Unflätigkeit er sich für Scholz vorbehalten hat. Regierungen unter Beteiligung von grünen und sozialdemokratischen Parteien wähnt der Argentinier als Vorstufe zum Kommunismus. Aber er hat die Visite ohnehin auf einen „kurzen Arbeitsbesuch“ gekürzt. Eigentlich sollte Milei mit militärischen Ehren empfangen werden, woran sich ein bilaterales Treffen mit Scholz und eine Pressekonferenz anschließen sollten. All das sagte Milei kurzfristig ab, nachdem Regierungssprecher Steffen Hebestreit dessen Äußerungen gegenüber Sánchez und seiner Frau als unangenehm bezeichnet hatte.

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