Währung Bargeld in die Verfassung: Brüssel kontert Wiener Posse

Österreichs Kanzler Karl Nehammer mit Ehefrau Katharina Ende Juli bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele.
Österreichs Kanzler Karl Nehammer mit Ehefrau Katharina Ende Juli bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele.

Österreichs Kanzler Nehammer will das Recht auf Bargeld in der Verfassung verankern. Die EU erklärt ihm, dass er dafür gar nicht zuständig ist.

Die Österreicher hängen an ihrem Bargeld – mehr noch als die deutschen Nachbarn. Wer in einem Wiener Kaffeehaus seinen Braunen mit Karte bezahlen möchte, erntet meist ein pikiertes Räuspern. Karl Nehammer kennt diese Liebe seiner Landleute. Und weil er nicht nur Bundeskanzler ist, sondern auch ein Mann des Volkes, forderte er nun für alle Österreicher ein Recht auf Bargeld. Dieses Recht will der konservative Politiker sogar in der Verfassung verankern.

Dabei möchte den Österreichern niemand ihr Bargeld wegnehmen. Deshalb war die EU-Kommission sofort hellwach, als die Forderung nach Brüssel drang. Dort ist man nämlich inzwischen Falschbehauptungen in Sachen Europäische Union gewohnt. Am Wochenende meldete sich dann Martin Selmayr, der Vertreter der EU-Kommission in Österreich, zu Wort, um einige Dinge zurechtzurücken. Zunächst erklärte der Beamte kühl, dass die Zuständigkeit in diesem Fall eindeutig in Brüssel liegt. Vor seinem Beitritt 1995 habe Österreich per Volksabstimmung „der Übertragung der Währungssouveränität“ auf die EU zugestimmt, schrieb er im Kurznachrichtendienst X. Im Klartext: Karl Nehammer hat nichts zu sagen.

EU garantiert Bargeld als Zahlungsmittel

Zudem garantiere die EU Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel; es könne gar nicht abgeschafft werden. Das sei sogar vom Europäischen Gerichtshof durch ein Urteil vom 26. Januar 2021 bestätigt worden. Sein „Fazit zur Bargeld-Diskussion“ laute deshalb, schrieb Selmayr weiter, dass „nationale Regelungen inhaltlich zum Schutz des Euro-Bargeldes wenig Neues beitragen“.

Dann schlägt Selmayr den Ball noch mit einer gewissen Lust weit ins Spielfeld des aufbegehrenden österreichischen Kanzlers. Schließlich sei es Aufgabe der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass den Menschen ausreichend Bargeld zur Verfügung stehe. Die Regierungen hätten mit der Kreditwirtschaft dafür zu sorgen, dass eine flächendeckende Versorgung mit Geldautomaten gewährleistet sei.

Eine Rettung, die niemand braucht

Nach dieser Lehrstunde aus Brüssel könnte die luftleere Forderung eigentlich in den Tiefen des Sommerloches verschwinden, würde sich nicht die FPÖ polternd zu Wort melden. In einer Stellungnahme der offensichtlich zutiefst beleidigten Rechtspopulisten heißt es, dass die Partei in der Vergangenheit schon mehrere Male „Anträge zum Erhalt des Bargeldes und für dessen Schutz in der Verfassung eingebracht“ habe. Ob dem Kanzler dieser „Ideen-Diebstahl“ eigentlich „nicht peinlich“ sei, empört sich der FPÖ-Bundesvorsitzende Herbert Kickl.

Und auch der Koalitionspartner ist offensichtlich verärgert. So fragte der ehemalige grüne Sozialminister Rudi Anschober auf X, „für wie blöd“ der Kanzler eigentlich die Bevölkerung halte: „,Wir retten das Bargeld’, ruft Nehammer, obwohl niemand das Bargeld verbieten will.“

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