Politik Zeit, zu gehen? - Biden nach TV-Debakel unter Druck

Joe Biden
Noch steht die erste Reihe der Demokraten geschlossen hinter US-Präsident Joe Biden. Doch die Stimmen derer, die ihn nicht mehr für den richtigen Kandidaten halten, werden lauter.

Bidens Alter ist Dauerthema im US-Wahlkampf. Nach der katastrophalen TV-Debatte hat die Diskussion aber ein neues Niveau erreicht. Der 81-Jährige wird unverhohlen zum Rückzug aufgefordert.

Washington (dpa) - Nur vier Monate vor der US-Präsidentenwahl werden nach Joe Bidens desaströsem Auftritt beim TV-Duell gegen Donald Trump Rufe nach einem Rückzug des Demokraten aus dem Rennen lauter.

«Herr Biden ist nicht mehr der Mann, der er vor vier Jahren war», schreibt die «New York Times» in einem drastischen Meinungsstück über den 81 Jahre alten US-Präsidenten. «Es gibt führende Demokraten, die besser in der Lage sind, klare, überzeugende und energische Alternativen zu einer zweiten Trump-Präsidentschaft zu präsentieren.» Der US-Sender CNN meint: «Lieber Joe, es ist Zeit zu gehen.»

Die «Washington Post» formuliert es weniger brutal, wird aber ebenfalls deutlich: «Herr Biden kann nicht gezwungen werden, etwas zu tun, was er nicht tun will. Das sollte er auch nicht», heißt es. «Was er tun kann, ist das, was viele Amerikaner an diesem Wochenende tun - sich fragen, ob er der Aufgabe gewachsen ist.» Dass bedeutende liberale Medienhäuser dem Präsidenten ans Herz legen, das Handtuch zu werfen, ist beachtenswert. Andere Medien schlagen in ihren Meinungsstücken ähnliche Töne an, das konservative «Wall Street Journal» schreibt: «Die Debatte hat gezeigt, dass der Präsident eindeutig nicht in der Lage ist, vier weitere Jahre im Amt zu bleiben.»

Doch die Entscheidung über einen Rückzug Bidens treffen nicht US-Medien, sondern der 81-Jährige und sein Team. Biden gab sich nach der Debatte kämpferisch und versicherte, dass er der Aufgabe gewachsen sei. Tatsächlich dürften aber die kommenden Tage entscheidend sein. Denn dann dürften Umfragen zeigen, ob sich Bidens schwacher Auftritt bei den Wählerinnen und Wählern niederschlägt. Noch steht die erste Reihe der Demokraten geschlossen hinter dem Amtsinhaber - Biden bekommt Schützenhilfe von seinen Vorgängern Barack Obama und Bill Clinton. Doch in der Partei dürfte es gewaltig rumoren.

Bisher läuft es Umfragen zufolge im November auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Republikaner Trump und Biden hinaus. Sollte Biden sich tatsächlich dazu entscheiden, das Feld zu räumen, ist ein Sieg der Demokraten bei der Präsidentenwahl keineswegs gewiss. Die Partei müsste sich zunächst einmal bis zum Parteitag im August in Chicago geschlossen hinter eine alternative Kandidatin oder einen Kandidaten stellen. Bei der Versammlung wird der Präsidentschaftskandidat offiziell gekürt. Theoretisch ist es möglich, dass die Partei kurzfristig umsattelt und Biden aus dem Rennen nimmt. Doch wer könnte ihn ersetzen?

Die möglichen Kandidaten

Es kursieren noch weitere Namen - etwa der des Gouverneurs von Pennsylvania, Josh Shapiro. Auch der Name des Gouverneurs von Maryland, Wes Moore, fällt immer wieder. Diese Demokraten sind aber national noch unbekannter als etwa Whitmer oder Newsom. Und zumindest aktuell gibt es keine Anzeichen, dass Biden aus dem Rennen aussteigt. Am ehesten davon dürfte ihn seine Ehefrau Jill überzeugen können. Die sagte aber nach der Debatte klar: «Es gibt niemanden, den ich gerade lieber im Oval Office sitzen hätte als meinen Mann.»

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