Politik Dampfen in der Steueroase

Eine Besteuerung von E-Zigaretten in Deutschland rückt in weite Ferne. Nach RHEINPFALZ-Informationen wird sich die EU-Kommission heute gegen die EU-weite Einführung einer Steuer auf die Flüssigkeit aussprechen, die in E-Zigaretten erhitzt und von den Nutzern inhaliert wird.

Die Dampfer können aufatmen. Dies geht aus einem der RHEINPFALZ vorliegenden Bericht der EU-Kommission hervor. Darin heißt es, es sei zu früh für einen Steuervorschlag. Es gebe zu wenige Daten über den vergleichsweise jungen Markt. Es sei „schwierig, Vorhersagen zu machen, wie sich der Markt in der Zukunft entwickeln wird“. Zudem herrsche zu wenig Klarheit darüber, wie schädlich das Dampfen ist. Daher sei von der gesundheitspolitischen Perspektive her „eine vorsichtige Annäherung“ an das Steuerthema ratsam, heißt es in dem Bericht weiter. Die EU-Kommission will frühestens 2019 eine Steuer auf E-Zigaretten wieder prüfen. Dann steht eine Überprüfung der Richtlinie an. Auch bei den sogenannten „weniger schädlichen Zigaretten“, wie sie etwa Philip Morris unter dem Markennamen Iqos in Deutschland anbietet, sowie beim Feinschnitt will die EU-Kommission es beim Alten belassen und den 28 Mitgliedstaaten keine neuen Vorschriften machen. Mit dieser Entscheidung aus Brüssel hat die Bundesregierung freie Hand. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte nationale Alleingänge bei der Besteuerung von E-Zigaretten stets abgelehnt und darauf verwiesen, dass die Finanzminister aller 28 Mitgliedstaaten der EU die Kommission 2016 aufgefordert hatten, die Tabaksteuerrichtlinie zu überprüfen. Mit der jetzigen Entscheidung, die Richtlinie bis 2019 nicht anzufassen, sind nun die künftigen Koalitionäre am Zug. Wie aus dem Bundesfinanzministerium zu hören ist, liegen dort keine Pläne für die Einführung einer Steuer auf E-Zigaretten in der Schublade. Man wolle einer neuen Koalition nicht voraus greifen. Die Fachpolitiker von Union und SPD halten sich bedeckt. Vor Abschluss von Koalitionsgesprächen will niemand Steuerpläne nach außen tragen. Dabei ist nicht unwahrscheinlich, dass Raucher in dieser Wahlperiode wieder stärker vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. Die letzte Erhöhung der Tabaksteuer hat Anfang 2015 gegriffen. Die Branche, die gern Steuererhöhungen für eigene Preisaufschläge nutzt, drängt seit langem auf eine leichte Erhöhung der Tabaksteuer. Gesundheitspolitiker haben dafür meistens auch Sympathien. Klar ist: Es wird weniger geraucht, die Konsumgewohnheiten ändern sich, und dies hat Folgen für das Tabaksteueraufkommen. Insgesamt sanken die Einnahmen aus der Tabaksteuer 2016 um fünf Prozent gegenüber 2015. Klassische Filterzigaretten spielen immer weniger Geld für den Fiskus ein: 2016 waren es 12,3 Milliarden Euro, im Jahr vorher waren es noch 13 Milliarden Euro gewesen. Für das Dampfen von E-Zigaretten wird gar keine Tabaksteuer fällig. Und die Iqos des Marlboro-Herstellers Philip Morris hat durch Lobbying ein umstrittenes Steuerprivileg bekommen: Steuerlich wird sie wie Pfeifentabak behandelt und damit deutlich niedriger besteuert als es bei Filterzigaretten der Fall ist. Während der Verkaufspreis für 20 Iqos gleich ist wie der von 20 Marlboros, bekommt der Fiskus bei einer Schachtel Marlboro einschließlich Mehrwertsteuer 3,88 Euro. Bei der Iqos sind es bei der gleichen Stückzahl nur 1,05 Euro. Die Kommission schätzt in ihrem Bericht, dass der Umstieg von Rauchern auf E-Zigaretten und andere alternative Produkte das Aufkommen aus der Tabaksteuer um 2,5 Prozent gesenkt hat. Die Einführung einer Steuer auf neuartige Tabakprodukte, so heißt es, könne für die Haushalte der Mitgliedstaaten jährlich insgesamt zwischen 300 Millionen und 500 Millionen Euro einspielen. Allerdings sei die Erhebung schwierig. Während bei der Tabaksteuer ein gut funktionierendes System mit der Ausgabe von Steuerzeichen besteht, wäre die Besteuerung von Flüssigkeiten in E-Zigaretten in Deutschland Neuland. In neun EU-Ländern, darunter Portugal, Rumänien und Griechenland, werden die Flüssigkeiten schon besteuert. Wobei Italien schlechte Erfahrungen mit der Steuer auf E-Zigaretten gemacht hat: Dort fiel die Steuer zunächst so hoch aus, dass die meisten Dampfer die Flüssigkeit aus dem Ausland importierten. Die E-Zigaretten-Branche fürchtet jetzt nationale Alleingänge. Dustin Dahlmann vom „Bündnis für rauchfreien Genuss“ appelliert: „Um Raucher vom Tabakqualm wegzubringen, darf man die wesentlich weniger schädlichen Alternativen nicht kaputt besteuern.“ Und Dac Sprengel vom Verband des E-Zigarettenhandels (VdeH) sagt: „Eine faire und risikospezifische Besteuerung von E-Zigaretten müsste deutlich unter dem Niveau der Iqos landen.“

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