Politik Demokratie als Schwerpunkt

Seit gestern ist er im Amt und hat viel vor: Als Vorsitzender der Kultusministerkonferenz (KMK), dem Zusammenschluss aller Minister und Senatoren, die für Bildung und Kultur zuständig sind, koordiniert Helmut Holter künftig die Politik der Länder. Er ist der erste Linken-Politiker in diesem Amt.

Als turnusmäßig neuer Vorsitzender will Holter das Thema Stärkung der Demokratie zum Schwerpunkt seiner einjährigen Präsidentschaft machen. Mittlerweile merke man, „dass Demokratie von jeder Generation neu gelernt werden muss“. Schüler seien „schließlich die Stützen und Verteidiger der Demokratie von morgen“. Der 64-Jährige plädiert für eine „lebendige Vermittlung“. Geschichte solle erfahrbar sein, betont er – „egal ob Klassenfahrt zu einer Stasi-Gedenkstätte oder Planspiel in der Schule“. Bereits im Dezember vergangenen Jahres wurde Holter zum Vorsitzenden der KMK gewählt. Der im mecklenburgischen Ludwigslust geborene Bauingenieur ist als Bildungsexperte bislang allerdings kaum in Erscheinung getreten. Das liegt unter anderem daran, dass Holter erst im Spätsommer ins Thüringer Landeskabinett von Linken, SPD und Grünen eintrat, nachdem seine Vorgängerin wegen schwerer Krankheit zurückgetreten war. Zum anderen aber ist sein Name eng mit dem nordostdeutschen Küstenland verbunden: Nach über 20 Jahren im Landtag, zwei Legislaturperioden als Bau- und Arbeitsminister, als Landesvorsitzender der PDS und später als Fraktionschef der Linken ist Holter in Mecklenburg-Vorpommern bekannt. Nach der Niederlage bei den Landtagswahlen im September 2016, bei denen Holter als Spitzenkandidat für die Linken nur 13,2 Prozent holte, wurde er als Fraktionschef vom Hof gejagt. Den Aufstieg der AfD zur zweitstärksten Kraft hinter der SPD erklärte er damit, dass „die Menschen nicht mehr zwischen den etablierten Parteien unterscheiden können“. Unschuldig daran ist Holter wohl nicht. In Zeiten der DDR gehörte er zur Kaderreserve der Staatspartei SED, studierte erst fachlich, später ideologisch in Moskau. Holter arbeitete als Produktionsleiter im Betonwerk Milmersdorf bei Templin und danach in der Abteilung Bau und Verkehr der SED-Bezirksleitung Neubrandenburg. Als Betonkopf galt er allerdings nie: Hätte es zu Zeiten der SED-Nachfolgepartei PDS den SPD-affinen Realo-Flügel nicht schon gegeben, Holter hätte ihn erfunden. Als „Oberrealo“ wird er abschätzig vom radikalen linken Nachwuchs und den Ideologen seiner Partei bezeichnet und auch angefeindet. Bei der SPD und Teilen der CDU wird er als Pragmatiker geschätzt. 1998 hatte Holter maßgeblich die bundesweit erste rot-dunkelrote Koalition in Schwerin eingefädelt – und damit versucht, die Regierungsfähigkeit der PDS in den ostdeutschen Ländern unter Beweis zu stellen. Nach seiner Abwahl in Mecklenburg-Vorpommern holte ihn der Erfurter Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) in die Kommission zur Schulstrukturreform nach Thüringen. Dort konnte er sich bereits mit der Digitalisierung des Unterrichts vertraut machen – ein Thema, das ihn auch als Vorsitzender der KMK weiterhin beschäftigen wird. Schlechte Nachrichten wird der erste Politiker der Linken in diesem Amt kaum verkünden müssen: Die nächste Pisa-Studie und der Bundesländer-Vergleich stehen erst 2019 an.

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