Meinung Deutsch-türkische Beziehungen: Nagelprobe steht noch bevor

Scholz und Erdogan während ihrer Pressekonferenz in Istanbul.
Scholz und Erdogan während ihrer Pressekonferenz in Istanbul.

Deutschland und die Türkei streben einen Neustart ihrer Beziehungen an. Vor allem die Flüchtlingsfrage bietet jedoch reichlich Konfliktpotenzial.

Bundeskanzler Scholz und der türkische Präsident Erdogan machten in Istanbul deutlich, dass sie einen Strich unter den Dauerstreit der vergangenen Jahre ziehen wollen. Dazu reichten relativ kleine Schritte. Schwierige Fragen wie der Nahost-Konflikt wurden ignoriert oder vertagt. Das wird sich aber nicht bei jedem Thema machen lassen. Die Flüchtlingsfrage beispielsweise könnte zur Bewährungsprobe für das neue Miteinander werden; hier stehen sowohl Kanzler als auch Präsident innenpolitisch unter Druck.

Scholz braucht im beginnenden Wahlkampf vorzeigbare Ergebnisse bei der Abschiebung krimineller Migranten und der Rückführung abgelehnter Asylbewerber in ihre Heimatländer. Weil viele dieser Menschen aus Syrien und der Türkei kommen, ist der Kanzler darauf angewiesen, dass Erdogan mitzieht.

Doch selbst wenn Erdogan es wollte, könnte er Scholz und den Europäern nicht alle Wünsche erfüllen. Viele Türken fordern, dass zunächst Hunderttausende syrische Flüchtlinge nach Hause geschickt werden. Zudem könnte es wegen des Krieges im Libanon schon bald eine neue Fluchtwelle in die Türkei geben. Die türkische Regierung dementierte deshalb auch Berichte, wonach sie einer Massenabschiebung von Türken aus Deutschland schon zugestimmt haben soll. Der Härtetest für den Neuanfang in den deutsch-türkischen Beziehungen dürfte aber nicht lange auf sich warten lassen.

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