Meinung Deutschlands Iran-Politik krachend gescheitert

Eine Frau in Teheran vor einem Plakat mit den iranischen Präsidentschaftskandidaten.
Eine Frau in Teheran vor einem Plakat mit den iranischen Präsidentschaftskandidaten.

An diesem Freitag finden im Iran Schein-Wahlen des Staatspräsidenten statt. Ein Urteil über den Kurs der deutschen Außenpolitik gegenüber dem Mullah-Regime fällt vernichtend aus.

An diesem Freitag führt uns das iranische Mullah-Regime das groteske Schauspiel einer inszenierten Pseudo-Wahl des neuen Staatspräsidenten vor. Niemand im Land der Unterdrücker glaubt an die Legitimität dieser Wahl zwischen sechs vom Regime vorausgesuchten Kandidaten. Der Rest der Welt sollte die Vortäuschung demokratischer Spielregeln zum Anlass nehmen zu fragen, was alles falsch läuft im Umgang mit den Mullahs.

Besonders Deutschland hat allen Grund zu einem politischen Kassensturz. Mit einer an Unbelehrbarkeit grenzenden Beharrlichkeit verfolgt Berlin seit Jahrzehnten einen Sonderweg gegenüber dem Regime. Die deutsche Diplomatie fühlte sich stets verantwortlich, einigermaßen belastbare Gesprächsfäden zu den Mullahs aufrecht zu erhalten, um Phasen ausgleichen zu können, in denen auf dem Draht zwischen Teheran und Washington vollkommene Funkstille herrscht. 2015 schien dieser Weg seinen Triumph zu feiern. Deutschland war maßgeblich am Zustandekommen des Atomabkommens beteiligt, und Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich sicher, dass die „damit verbundene Öffnung“ die iranische Wirtschaft und die Gesellschaft „tiefgreifend verändern“ werde. Man kennt die Melodie: Wandel durch Handel.

Fast ein Jahrzehnt nach dem Abkommen lässt sich unter vielerlei Aspekten eine Bilanz ziehen. Regionalpolitisch ist das Regime ein hochgefährlicher Brandstifter, Financier von Hamas und Hisbollah, Feind des Existenzrechtes Israels und destabilisierender Faktor in einer Reihe regionaler Konflikte. Weltpolitisch unterstützen die Mullahs mit Drohnenlieferung den Angriffskrieg Putins. Innenpolitisch zeigt sich das Regime mörderisch. Und wie zum Hohn über die westliche Vertrauensseligkeit steht es nun an der Schwelle zur Atomwaffe. Kurz: Alles, worauf die deutsche Iran-Politik gesetzt hat, ist krachend gescheitert – ein grandioses Desaster.

Aber gut, wenn es mit dem Wandel schon nicht geklappt hat, mit dem Handel läuft es doch gut. Deutschland ist weiterhin der wichtigste iranische Handelspartner in der EU. Jedes Jahr verlassen Güter im Wert von über einer Milliarde Euro das Land Richtung Mullah-Staat.

Zur Wahrheit gehört, dass sich unter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) durchaus einiges geändert hat. Es gibt keine Reisediplomatie nach Teheran mehr. Die Wortwahl ist härter geworden. „Menschenverachtung“ hat sie dem Regime öffentlich vorgeworfen. Und ja, sie hat auch in der EU die eine oder andere vorsichtige Sanktionsrunde mit angestoßen. Aber was schmerzlich auffällt: Baerbock war es, die – sehr zurecht – den feministischen Blick in die Außenpolitik einführte. Meist in der Form der rhetorisch geschliffenen Festrede.

Aber der Iran wäre das eigentliche Bewährungsfeld tatsächlich feministischer Außenpolitik. Der Widerstand gegen das Mullah-Regime wird getragen von dem Mut und der Entschlossenheit junger Frauen, die sich ihre Menschenrechte nicht länger von einem menschenverachtenden Regime beschneiden lassen wollen. Ist die Frage danach, wie deren Kampf am effektivsten unterstützt werden kann, tatsächlich die oberste Leitlinie der deutschen Iran-Politik? Eher nicht. Sonst müssten die Maßnahmen gegen das Regime wesentlich härter ausfallen – und den Nerv des Unterdrückungsapparates treffen: das sind die Revolutionsgarden.

Die westliche Politik hat Angst vor einem Machtvakuum nach einem Umsturz. Aber gerade Deutsche sollten wissen, dass sich Freiheit nicht dauerhaft unterdrücken lässt und frühzeitig auf die Kräfte setzen, die den neuen Iran gestalten können.

x