Hochwasserkatastrophe Die Sintflut

Überlebt: Anwohner sitzen zusammen in Schuld im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter.
Überlebt: Anwohner sitzen zusammen in Schuld im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter.

Tote, Vermisste, überflutete Dörfer, eingestürzte Häuser: Besonders Regionen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kämpfen mit den Folgen der schwere Regenfälle. Hart getroffen hat es Orte wie das knapp 700-Seelen-Dorf Schuld im Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Die Wassermassen fressen sich regelrecht durch die Straßen, ganze Orte versinken in braunen Fluten. Es sind unfassbare Bilder und Szenen, die sich am Donnerstag in der Eifel in Rheinland-Pfalz und in Teilen von Nordrhein-Westfalen abspielen. Das, was die meisten Menschen in Deutschland bislang nur aus weiter Ferne kannten, ist plötzlich ganz nah. Mehr als 40 Menschen sterben nach Überflutungen und Dauerregen, davon etwa die Hälfte im Raum Bad Neuenahr-Ahrweiler. Auf Bildern zeigt sich die Gewalt, mit der das Wasser die Dörfer und Orte überflutet hat: Autos, Bäume, ganze Häuser sind einfach weggerissen, Trümmer stapeln sich im schmutzigen Wasser. In Rheinland-Pfalz werden am Donnerstagmittag noch bis zu 70 Menschen vermisst.

Normalweise ein kleiner Fluss

Als die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zu Beginn der Landtagsplenarsitzung in Mainz das Wort ergreift, wird deutlich, welche Katastrophe sich gerade ereignet hat – und noch ereignet. „Es gibt Tote, es gibt Vermisste, es gibt viele, die noch in Gefahr sind“, sagt Dreyer. „Es ist wirklich verheerend.“ Ganze Orte seien überflutet, Häuser einfach weggeschwommen.

Den kleinen Eifel-Ort Schuld hat es besonders schwer getroffen. Das Dorf mit etwa 700 Einwohnern – nahe der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen – liegt in einer Schleife an der Ahr, die normalerweise ein kleiner Fluss ist. Nun hat sich die Ahr in ein reißendes Gewässer verwandelt. Die Fluten reißen mehrere Häuser weg. Es läuft ein dramatischer Rettungseinsatz, weil sich Dutzende Menschen auf den Dächern in Sicherheit gebracht haben. Sechs Häuser seien eingestürzt und etwa 40 Prozent der weiteren Wohngebäude von den Fluten beschädigt worden, sagte Verbandsbürgermeister Guido Nisius (CDU) in Adenau im Kreis Ahrweiler am Donnerstagmittag.

„Mein Vater hat sein ganzes Haus verloren“

In Bad Neuenahr-Ahrweiler berichtet Rene Pfennig, dass er in der Nacht gegen 1.30 Uhr unterwegs gewesen sei, als plötzlich Kanaldeckel von Wasser hochgedrückt worden seien. Er sei schnell nach Hause gerannt. Sein Haus liege etwas oberhalb und sei vom Hochwasser nicht weiter betroffen gewesen. Andere in seiner Familie hatten weniger Glück. „Mein Vater hat sein ganzes Haus verloren“, berichtet Pfennig. Er habe sich aber in Sicherheit bringen können.

Ein anderes Ehepaar konnte sich ebenfalls retten. In der Nacht sei plötzlich der Strom weg gewesen, berichtet Brigitte Linnertz von dem Moment, als die Flut kam. „Auf einmal war da ein Rauschen, als wenn ein Düsenjäger bei uns landet.“ Sie habe vor der Eingangstür die Wassermassen kommen sehen und sei dann mit ihrem Mann schnell aus dem Haus. „Wenn du nämlich mal eingeschlossen bist, kommst du nicht mehr raus“, sagt sie.

Mit Hubschraubern nach Vermissten gesucht

Zurück kann sie nicht – das Hochwasser habe fast alles zerstört, die frisch eingerichtete Küche, das neue Schlafzimmer. „Das ist ein einziges Desaster“, sagt die Frau. Am Nachmittag weiß sie noch nicht, wo sie die folgende Nacht verbringen soll.

Allein in der Verbandsgemeinde Adenau suchen Hunderte Einsatzkräfte und mehrere Hubschrauber weiter nach Vermissten. Ob sie nur nicht erreichbar sind – das Mobilfunknetz war ja schwer gestört – bei Nachbarn oder Freunden untergekommen sind, womöglich im Urlaub sind oder von den Fluten mitgerissen wurden, ist unklar.

In der Gemeinde Kordel im Landkreis Trier-Saarburg sind wegen des Hochwassers mehrere hundert Menschen mit Booten in Sicherheit gebracht worden. Wegen überschwemmter Zufahrtswege war der Ort mit 2000 Einwohnern abgeschnitten. Kordel liegt etwa 20 Kilometer nördlich von Trier an der Kyll, einem Mosel-Zufluss.

Was Starkregen mit dem Klima zu tun hat

Kein Zugang: Ein Mann blickt zu seinem Elternhaus auf der anderen Flussseite in Insul hinüber.
Kein Zugang: Ein Mann blickt zu seinem Elternhaus auf der anderen Flussseite in Insul hinüber.
Land unter: In Kordel im Landkreis Trier-Saarburg blieb die Bahn am Mittwochabend im Hochwasser liegen.
Land unter: In Kordel im Landkreis Trier-Saarburg blieb die Bahn am Mittwochabend im Hochwasser liegen.
 Schutt liegt in Schuld im Kreis Ahrweiler nach dem Hochwasser vor einem beschädigten Gebäude.
Schutt liegt in Schuld im Kreis Ahrweiler nach dem Hochwasser vor einem beschädigten Gebäude.
Blick in den Ort Schuld am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser.
Blick in den Ort Schuld am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser.
Weitgehend zerstört und überflutet ist das Dorf Insul in Rheinland-Pfalz nach massiven Regenfällen und dem Hochwasser der Ahr.
Weitgehend zerstört und überflutet ist das Dorf Insul in Rheinland-Pfalz nach massiven Regenfällen und dem Hochwasser der Ahr.
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