Politik Die wichtigsten Antworten zum viel kritisierten Kita-Gesetz

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Im Juni vergangenen Jahres hat Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) ihren Entwurf für ein neues Kita-Gesetz vorgestellt. Damit soll die Entwicklung der Kitas in zukunftsfähige Bahnen gelenkt werden. Aber es gibt landauf landab Kritik an den Gesetzesplänen. Kirchen, Kommunen, Verbände und Eltern fürchten, auch in Zukunft werde die Personaldecke in den Kindertagesstätten zu dünn bleiben. Die wichtigsten Fragen rund um das Gesetzesvorhaben der rot-gelb-grünen Landesregierung:

Was soll sich für Eltern und Kinder ändern?

In Zukunft wird es dem Entwurf zufolge Anspruch auf eine Betreuungszeit von täglich sieben Stunden am Stück geben. Ob Kita oder Krippe, ab dem zweiten Geburtstag sind künftig alle Kinder von Beiträgen befreit. Außerdem soll nach Möglichkeit jede Kita ein Mittagessen anbieten.

Welche Reaktionen gibt es auf diese Pläne?

Zu diesem Teil der Reform gibt es überwiegend Lob und Zustimmung. So begrüßen die evangelischen Kirchen, die landesweit 430 der knapp 2400 Kindertagesstätten betreiben, in einer gemeinsamen Stellungnahme die hinter dem Gesetzentwurf stehende Absicht, die Kinderbetreuung zu verbessern. Sie warnen jedoch gleichzeitig, das Gegenteil könnte geschehen, wenn die „pädagogische Arbeit verdichtet“ werde und die Personalausstattung damit nicht Schritt halte. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert mit Nachdruck mehr Personal in den Kitas. Eine andere Sorge treibt die Kirchen und die Kommunen um: Die begrüßenswerten Neuerungen erforderten Investitionen in die Kita-Gebäude selbst. Ein Investitionsprogramm müsse auf den Tisch.

Was soll sich für die Kommunen, die Kita-Träger und bei der Personalausstattung ändern?

Ministerin Hubig will die Berechnung des Personalbedarfs für Kitas und die Verteilung der Personalkostenzuschüsse des Landes auf neue Grundlagen stellen. Das ist das zentrale Reformvorhaben in dem geplanten neuen Gesetz. Die bisherige Rechtslage: In einem komplizierten Geflecht von verbindlichen Regelungen und Soll-Vorschriften wird der Personalbedarf für eine Kita-Gruppe berechnet. Dabei gelten sehr unterschiedliche Personalschlüssel, je nach Alterszusammensetzung der Gruppe oder pädagogischer Zielsetzung. Das System sei im Lauf der Jahrzehnte „gewuchert“, sagt Ministerin Hubig. Die Folge: Je nach Landkreis ist die Personalausstattung der Kitas innerhalb von Rheinland-Pfalz sehr unterschiedlich – eine Tatsache, die in der Vergangenheit auch schon den Speyerer Landesrechnungshof auf den Plan gerufen hatte.  Nach einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung (Stand Frühjahr 2016) kamen in Pirmasens 11,5 Kinder ab drei Jahren auf eine Erzieherstelle, in Kaiserslautern nur 6,6 Kinder. Empfohlen wird von der Stiftung ein Wert von 7,5, landesweit lag der Durchschnitt bei über 8. Nach den Worten der Ministerin soll das neue Gesetz diese Ungleichheiten nach und nach abbauen, ohne dass die heute gut versorgten Kitas künftig schlechter mit Personal ausgestattet werden. Dabei wird der Bedarf an Erzieherinnen nicht mehr aus der Anzahl der Gruppen, sondern aus der Anzahl der Kita-Plätze abgeleitet.

Warum stößt dieser Teil der Reform auf scharfe Kritik auch von Eltern und Erzieherinnen?

Stellvertretend für viele Betroffenen warnen die Elternausschüsse der Edenkobener Kindergärten in einer gemeinsamen Erklärung vor drohendem Personalmangel: Kitas seien Bildungseinrichtungen. Das erfordere Betreuungskapazität. Die vom Ministerium geplanten Personalschlüssel seien unzureichend. Auch die evangelischen Kirchen verlangen, im Gesetz mehr Personal vorzuschreiben – sonst drohe eine „Absenkung von Standards“. Die CDU-Opposition im Mainzer Landtag warnt bereits seit Monaten, die Umstellung der Personalberechnung könnte kleine Einrichtungen auf dem Land benachteiligen. Breiten Widerstand hat die GEW organisiert. Die Gewerkschaft hat 30.000 Unterschriften gesammelt. Die Unterzeichner fordern mehr Stellen für Erziehrinnen und Erzieher.

Was antwortet die Ministerin?

Hubig hat versucht, die Bedenken zu zerstreuen. Neben den reinen Personalzuschüssen werde das Land künftig auch andere Geldtöpfe zur Verfügung stellen. Es gebe mehr Personal, weil Führungskräfte Zeit für ihre Leitungsaufgaben bekommen sollen. 46 Millionen Euro gebe es für ein „Sozialraumbudget“, was Trägern die Reaktion auf örtliche Verhältnisse erlaube. Und ein „Entwicklungsbudget“ (27 Millionen Euro) werde sicherstellen, dass die bisher besser gestellten Kitas auf ihrem hohen Level bleiben. 62 Millionen Euro werde das Land zusätzlich pro Jahr zur Verfügung stellen. Die Umstellung sei ein langjähriger Prozess, an dessen Ende viele Kitas besser, aber keine schlechter gestellt sein werden, verspricht Hubig.

Kann Hubig die Kita-Träger überzeugen?

Die Träger bleiben skeptisch. So warnen die evangelischen Kirchen vor einer Kommunalisierung der Aufgaben, sehen die Städte und Gemeinden dafür aber finanziell nur unzureichend gerüstet. Der Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebundes, Karl-Heinz Frieden, hegt Zweifel, ob das Land tatsächlich 62 Millionen Euro zusätzlich auf den Tisch legen wird: „Die Ministerin soll es uns vorrechnen."

Wie geht es weiter?

In einem ersten Schritt haben unter anderem Kirchen, Kommunen und Gewerkschaften ihre schriftlichen Stellungnahmen zu den Gesetzesplänen des Ministeriums abgeben dürfen. Die Ministerin hat angedeutet, dass der Gesetzentwurf in dem einen oder anderen Punkt geändert wird. Wo das sein könnte, lässt das Ministerium bisher offen. Auch Alexander Schweitzer, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion hat durchblicken lassen, dass zum Kita-Gesetz das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Im Frühjahr soll nach Hubigs Zeitplan der Entwurf in den Landtag eingebracht werden. Danach wird er in den Ausschüssen beraten. Vielleicht wird es noch eine öffentliche Anhörung von Experten und Betroffenen im Landtag geben. Nach einigen Wochen oder auch Monaten wird das Gesetz im Plenum des Landtags verabschiedet.

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