Politik Ein unbestechlicher, präziser Aufklärer

Das amerikanische Justizministerium hat Robert Mueller zum Sonderermittler ernannt. Die Entscheidung ist das Ergebnis immensen politischen Drucks.

Als Sonderermittler soll der 72-jährige Mueller untersuchen, was dran ist an Vorwürfen, nach denen Wahlkampfberater Donald Trumps geheime Absprachen mit dem Kreml trafen, um der Kontrahentin Hillary Clinton zu schaden. Für diese neue Aufgabe bringt er viele Qualitäten mit. Robert Mueller, heißt es, könnte an jedem Kneipentresen einen Whiskey trinken, ohne Gefahr zu laufen, dass ihn jemand erkennt. Selbst in Washington, einer Stadt, die mit der Politik verheiratet ist. Medienscheu, distanziert und hochdiszipliniert, einst Offizier der Marineinfanterie, meidet er das Rampenlicht, wo es nur geht. Schon sein Spitzname spielt darauf an: Im FBI nannten sie Robert Swan Mueller III auch Bobby Three Sticks, den Mann mit den drei Stäbchen im Namenszug, der zugleich so steif wirkte, als hätte er einen Stock verschluckt. Zwölf Jahre lang war der gebürtige New Yorker Direktor der Bundespolizei, 2013 verabschiedete er sich, um sich in der Anwaltskanzlei Wilmer Hale um knifflige Fälle zu kümmern, etwa um den Vergleich zwischen Volkswagen und amerikanischen Klägern in der Abgasaffäre. Seit Mittwochabend steht er stärker im Scheinwerferlicht als je zuvor. Eingesetzt hat ihn Rod Rosenstein, der stellvertretende Justizminister, der sich wiederum immensem politischen Druck beugen musste. Nicht nur die Demokraten hatten mit zunehmender Lautstärke verlangt, die Russland-Akte in unabhängige Hände zu geben, auch immer mehr republikanische Senatoren sahen es ähnlich. Letzteres lag am sprichwörtlichen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Als bekannt wurde, dass Trump den inzwischen gefeuerten FBI-Direktor James Comey zur Einstellung der Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn drängte, eine Schlüsselfigur der Russland-Connection, musste das Justizressort handeln, wollte es nicht als bloßes Anhängsel des Weißen Hauses gelten. Rosenstein schrieb, sein Entschluss bedeute nicht, dass Straftaten begangen worden seien. „Dennoch habe ich entschieden, dass es angesichts der ganz besonderen Umstände in dieser Sache nötig ist, einen Sonderermittler einzusetzen, damit das amerikanische Volk volles Vertrauen in das Ergebnis haben kann.“ Dass es der Vizeminister war, der zur Tat schritt, liegt an der eingeschränkten Handlungsfähigkeit seines Vorgesetzten. Jeff Sessions sah sich gezwungen, die Russland-Akte abzugeben, nachdem er bei Anhörungen im Senat Gespräche mit dem russischen Botschafter in Washington unterschlagen hatte. Rosenstein wiederum gilt als souveräner Jurist, nicht als Parteisoldat. Allerdings hat seine Reputation gelitten, da er eine fadenscheinige, später von Trump burschikos dementierte Begründung für den Rauswurf Comeys lieferte. So gesehen ist die neueste Wendung des Dramas ein Versuch, sein angekratztes Image aufzupolieren. Das Weiße Haus war, auch das ist ein Signal, in die Entscheidung nicht eingebunden. Es wurde erst informiert, als die Personalie beschlossene Sache war. Offenbar kalt erwischt, brauchte die Machtzentrale neunzig Minuten, um zu reagieren. Eine Ermittlung werde nur bestätigen, dass es keine Kooperation zwischen seiner Kampagne und dem Ausland gegeben habe, ließ Trump erklären. Er erwarte, dass die Angelegenheit schnell zu Ende gebracht werde. Den Gefallen dürfte ihm Mueller nicht tun, es würde nicht zu seinem Ruf passen, ein unbestechlicher, mit der Präzision eines Uhrwerks arbeitender Aufklärer zu sein.

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