Leitartikel Firmen-Steuerreform: Habeck und Lindner scheitern gemeinsam

Sind sich in diesem Punkt einig: Für Unternehmen in Deutschland muss sich was ändern.
Sind sich in diesem Punkt einig: Für Unternehmen in Deutschland muss sich was ändern.

Es kommt nicht oft vor, dass der Wirtschaftsminister und der Finanzminister an einem Strang ziehen. Im Falle der steuerlichen Entlastung von Firmen führt selbst dies nicht zum Erfolg.

Es gibt drei Worte, die kein Mensch mehr hören kann. Sie lauten: Die Ampel streitet. Umso bemerkenswerter ist, dass nun die Widersacher Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) versuchen, mit einem „Dynamisierungsgesetz“ für die Wirtschaft gemeinsam etwas zu erreichen. Denn einen kräftigen Impuls kann die Wirtschaft angesichts der schwachen Konjunktur durchaus gebrauchen.

Immerhin sind sich der Wirtschafts- und der Finanzminister in der Analyse einig. Beide meinen, dass die deutsche Unternehmensbesteuerung nicht mehr wettbewerbsfähig und in ausreichendem Maß investitionsfreundlich sei. Im Klartext heißt das: Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ist gerade dabei, ins Hintertreffen zu geraten. Denn zu den Steuern kommen der Fachkräftemangel, die hohen Energiepreise, die Bürokratie und mitunter sehr lange Genehmigungsverfahren bei neuen Investitionen noch obendrauf.

Vom Tisch

Umso mehr stellt sich die Frage, was der Grüne und der Liberale ausrichten können. Die neuen Schulden jedenfalls, die Habeck in Form eines riesigen Sondervermögens für die Wirtschaft ins Gespräch brachte, sind vom Tisch. Dieser Schritt scheitert an der FDP und der CDU/CSU, deren Zustimmung Habeck bräuchte, aber nicht bekommt.

Was also tun? Lindner schlägt vor, den Soli-Zuschlag abzuschaffen. Das könnte die Ampel tatsächlich alleine umsetzen – also ohne auf das Ja der unionsgeführten Länder im Bundesrat angewiesen zu sein. Denn der Soli-Zuschlag fließt allein in die Bundeskasse. Nur: Dort würden dann zwölf Milliarden Euro fehlen – und das just zu der Zeit, in der die Ampel 2025 ein Etatloch von geschätzt 25 Milliarden Euro wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts stopfen muss.

Ein Ausgabenproblem

Zwar steigen nach einer Prognose des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ im kommenden Jahr die Einnahmen des Bundes um knapp fünf Prozent auf 400 Milliarden Euro. Und die öffentliche Hand insgesamt wird 2025 erstmals mehr als eine Billion Euro an Steuern einnehmen. Der Staat hat also kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Allerdings lassen sich die Ausgaben nicht über Nacht senken – und schon gar nicht, wenn es um beachtliche Milliardenbeträge geht.

Für zusätzliche Wünsche der Minister stünden 2025 null Euro bereit, hat Christian Lindner bereits bekundet. Doch seine Kollegen im Bundeskabinett werden sich fragen, warum der Kassenwart in dieser Lage auch noch auf die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag verzichten will.

Keine gute Nachricht

Was eine wirksame Steuersenkung für Unternehmen angeht, so dürfte Habecks und Lindners Vorstoß also im Sande verlaufen. Selbst wenn sich zwei politische Schwergewichte der Ampel mal nicht streiten und gemeinsam ein Problem angehen wollen, wird wohl nichts daraus. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist das wahrlich keine gute Nachricht.

Sie bedeutet zudem für beide Ampelpolitiker eine Niederlage – für den einen qua Amt, weil er Bundeswirtschaftsminister ist, und für den anderen qua Parteivorsitz, weil die FDP sich ja als Anwältin von wirtschaftspolitischer Vernunft und Wohlstand versteht.

Da würde es umso mehr helfen, wenn Habeck und Lindner wenigstens dafür sorgten, dass sich der Investitionsstau auflöst, also die Bürokratie zurückgeschnitten würde. Das Gute daran: Den Staat würde dies nichts kosten; eine gesteigerte wirtschaftliche Dynamik könnte dem Staat jedoch zusätzliche Einnahmen an Steuern und Sozialabgaben bescheren.

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