Politik Im Schatten der Großen

Am Sonntag erwartet die Wähler auf dem Stimmzettel eine bunte Mischung an Parteien. Von ganz rechts bis ganz links reicht das politische Spektrum der 14 Parteien, die in Rheinland-Pfalz zur Bundestagswahl antreten. Sechs große Parteien haben gute Aussichten, Bundestagsmandate zu erlangen. Ihren Programmen galten die bisherigen Folgen der RHEINPFALZ-Serie „Parteienprofile“. Nun sind jene Parteien an der Reihe, die überschaubare Mitgliederzahlen haben, die sich aber als Anwälte spezifischer Interessen verstehen. Wir stellen diejenigen vor, die in Rheinland-Pfalz mit mehr als zehn Bewerbern um die Zweitstimme kämpfen. Weniger als zehn Listenbewerber haben die Nationaldemokratische Partei (NPD), die Marxistisch-leninistische Partei (MLPD) und das Bündnis Grundeinkommen (BDE). Die Piraten: Mehr als nur Internet Obwohl die Piraten in einer Anspielung auf ein Zitat von Kanzlerin Angela Merkel ihrem Wahlprogramm den Titel gaben „Freu dich aufs Neuland“ – gemeint ist das Internet –, beschränkt sich die Partei schon lange nicht mehr nur auf dieses eine Thema. Die Positionen in der 133 Seiten dicken Broschüre reichen von A wie Asyl bis Z wie Zeitumstellung. Ersteres soll übrigens erleichtert, Zweiteres abgeschafft werden. Viel Raum nimmt das Thema Bildung ein. So fordern die Piraten eine Verdopplung des jetzigen Bildungsetats im Verlauf der nächsten zehn Jahre. Damit sollen Chancengleichheit, Inklusion und Vielfalt bei Lernkonzepten und Schultypen gewährleistet werden. Beim Datenschutz pocht die Partei auf das „Prinzip der informationellen Selbstbestimmung“, bei dem jeder Einzelne über die Erhebung und Weitergabe von personenbezogenen Daten im Internet selbst entscheiden können soll. Außerdem möchten die Piraten die öffentliche Videoüberwachung sowie die Vorratsdatenspeicherung stark einschränken. Mit dem Konzept der „Liquid Democracy“ soll jeder Bürger entscheiden, ob er über ein Thema selbst abstimmen oder das Stimmrecht auf einen anderen Bürger übertragen möchte. Die Partei: Radikaler Humor als Programm Die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ ist mittlerweile in allen Bundesländern mit einem eigenen Landesverband vertreten und stellt mit dem ehemaligen Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“, Martin Sonneborn, einen Europaabgeordneten. Als einzige Partei pflegt „Die Partei“ einen radikalen Humor und versteht sich eher als Spaßguerilla, die die Absurditäten des institutionalisierten Politikbetriebes auf den Arm nimmt. Bewusst überschreitet sie dabei die Grenzen des guten Geschmacks oder ergeht sich in Nonsens. Beispiel: „Die Partei fordert die Durchsetzung allumfassender universeller Gesamtgerechtigkeit, zumindest aber doppelt so viel Gerechtigkeit wie die SPD.“ Unter der Überschrift, „Der Russe ist an allem schuld“ heißt es: „Die Partei fordert, dass von deutschen Gerichten die Rechtfertigung ,Es war Putin’ auch bei Mietrückständen, Zugverspätungen, Auffahrunfällen, schadhaften Handy-Displays etc. als schuldbefreiend anerkannt wird.“ Zuletzt wurde auch im links-alternativen Milieu scharfe Kritik an der „Partei“ geübt. Deren Protagonisten übten sich in der „jovialen Pose der Besserwisser, deren einzige Erfüllung es ist, sich über andere zu erheben“, hieß es in der taz. Freie Wähler: Vor allem ideologiefrei Zuletzt hatten die Freien Wähler von sich reden gemacht, als sie zur Bundespräsidentenwahl den ehemaligen TV-Richter Alexander Hold ins Rennen gegen Frank-Walter Steinmeier schickten. Hold erhielt in der Bundesversammlung 25 von 1253 Stimmen. Das traditionelle Territorium der Freien Wähler ist jedoch nicht die Bundespolitik, sondern die kommunale Ebene. Die vielerorts von Bürgermeistern getragene Bewegung beschreibt sich selbst als ideologiefrei und wertkonservativ. Weil im Bundestag aber viele Entscheidungen fallen, die sich stark auf die Kommunen auswirken, will die Partei das Sprachrohr kommunaler Anliegen im Parlament sein. Im Wahlprogramm („Die anständige Alternative“) setzen sich die Freien Wähler für die Begrenzung von Managergehältern und eine wirksame Finanzmarktregulierung ein. Die Steuerpolitik sei so auszurichten, dass es jungen Menschen ermöglicht werde, sich bewusst für Familie und Ehe zu entscheiden. Gefordert werden kostenfreie Kinderbetreuung und die Privilegierung von Ehe und Familie. Die Freien Wähler plädieren für mehr Elemente der direkten Demokratie und halten Unvereinbarkeitsregelungen für sinnvoll, wenn politische Amtsträger in die Wirtschaft wechseln wollen. ÖDP: „Mensch vor Profit“ ist das Motto Die Ökologisch Demokratische Partei zählt zum konservativen Flügel der Umweltbewegung und stellt ihr Wahlprogramm unter das Motto „Mensch vor Profit“. Die ÖDP tritt ein für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, für eine an die Fläche gebundene Tierhaltung, für „faire Preise statt fataler Exportorientierung“, für ein Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat und für die Kennzeichnung regional erzeugter Produkte. Die ÖDP fordert Volksentscheide auf Bundesebene sowie „faire und vereinfachte Regeln“ bei Volks- und Bürgerentscheiden. Zur Familienpolitik heißt es im Wahlprogramm: „Mit uns wird es eine höhere Grundsicherung für Kinder, Betreuung mit einem Schlüssel von 1:3 in Kindertagesstätten, eine höhere Entlohnung des Personals und ein Erziehungsgehalt geben.“ Für überfällig hält die Partei ein Verbandsklagerecht für die anerkannten Tierschutzverbände in allen Bundesländern und auf Bundesebene. V-Partei3: Landwirtschaft auf Bio umstellen Die „Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer“ – sprich: V-Partei hoch drei – gibt es seit 2016. Sie sieht sich als das Sprachrohr derjenigen, für deren Ernährung kein Tier sein Leben lassen soll. Ihr Ziel ist es unter anderem, die Massentierhaltung bis 2030 abzuschaffen und die Landwirtschaft auf bio-vegane Produktion umzustellen. In dem 29-seitigen Parteiprogramm geht es aber keineswegs nur um Tierschutz und alternative Ernährung. So fordert die Partei einen Richtungswechsel bei der Steuer. Eine Steuerreform müsse die Umweltkosten berücksichtigen. So müssten Energie- und Rohstoffverbrauch sowie lange Transportwege und Flugzeugkerosin entsprechend besteuert werden. Im Gegenzug sollen nachhaltig produzierende Unternehmen und Projekte subventioniert werden. Die Partei fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen und die Auflösung der Nato. Prominentes Parteimitglied ist die frühere Schauspielerin Barbara Rütting (89). Sie kandidiert auf Platz 2 der bayerischen Landesliste. Die Serie Die bisherigen Beiträge sind erschienen am 11. September (AfD), 12. September (Linke), 13. September (FDP), 14. September (Grüne), 15. September (CDU) und 16. September (SPD).

Prominente Vertreterin der V-Partei: Barbara Rütting.
Prominente Vertreterin der V-Partei: Barbara Rütting.
Die Piraten pochen auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Piraten pochen auf informationelle Selbstbestimmung.
Gesicht der „Partei“: Martin Sonneborn.
Gesicht der »Partei«: Martin Sonneborn.
Die ÖDP will ein Verbandsklagerecht im Tierschutz.
Die ÖDP will ein Verbandsklagerecht im Tierschutz.
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