Großbritannien Johnsons Rauswurf aus dem Parlament: Ohrfeige zum Geburtstag

Das Unterhaus hält Johnson für einen Lügner.
Das Unterhaus hält Johnson für einen Lügner.

Mit klarer Mehrheit akzeptiert das Unterhaus den Bericht eines Ausschusses über die „Partygate“-Lügen von Ex-Premier Johnson. Amtsinhaber Sunak enthält sich – und könnte bald zwischen allen Stühlen sitzen.

Es war die ultimative Ohrfeige. An seinem 59. Geburtstag machte ihm das britische Unterhaus ein Präsent, auf das Boris Johnson hätte verzichten können. Mit 354 zu 7 stimmten die Abgeordneten am späten Montagabend einem Untersuchungsbericht zu, der den ehemaligen Premierminister der wiederholten Lüge bezichtigt. Nachdem Johnson der Suspendierung vom Parlament mit der Niederlegung seines Mandats zuvorgekommen war, konnten ihm seine Ex-Kollegen nur noch ein Hausverbot aussprechen: Der Ex-Premier erhält keinen Besuchsausweis, wie er bei ehemaligen Abgeordneten üblich ist.

Auch für den amtierenden Premierminister ist das Ereignis eine Blamage. Die fünfstündige Debatte ließ Premier Rishi Sunak und weite Teile seiner Fraktion schwach und feige aussehen, denn sie tauchten erst gar nicht zu Aussprache und Abstimmung auf. Fast die gesamte Regierungsmannschaft fand Gründe fernzubleiben – aus Angst, die Anhänger Johnsons zu verärgern. Lediglich Kabinettsmitglied und Unterhauspräsidentin Penny Mordaunt kritisierte Johnson: Sein Verhalten habe das Parlament herabgewürdigt. Damit meinte sie weniger Johnsons Verhalten während der sogenannten „Partygate“-Affäre, als während Lockdown-Zeiten illegale Feiern in der Regierungszentrale stattfanden. Schwerwiegender ist die Vertuschung: Der Untersuchungsbericht sieht Johnson in fünf Fällen überführt, das Unterhaus angelogen zu haben, als er versicherte, es habe keine Partys gegeben.

Torys stürzen in Umfragen ab

Sunak war im Herbst 2022 nach chaotischen Wochen unter seinen Vorgängern Johnson und Liz Truss mit dem Versprechen angetreten, es werde „Integrität, Kompetenz und Rechenschaft auf jeder Ebene meiner Regierung geben“. Genau dabei habe er versagt, werfen ihm Kritiker vor. Dass ihm die Opposition Feigheit und Inkompetenz ankreidet, wird er noch verschmerzen können. Weit weniger die Kritik des Publizisten Gavin Esler: „Das hätte Sunaks großer Moment sein können, indem er für Anstand und persönliche Verantwortung eintritt.“ Selbst der Schauspieler Hugh Bonneville aus der Serie „Downton Abbey“ meldete sich per Twitter zu Wort: „Durch ihre Abwesenheit und Stimmenthaltung hat die Regierungspartei nicht nur versagt, die Stimmung im Raum zu erfassen, sie hat versagt, den Puls der Nation zu fühlen.“ Umfragen scheinen das zu belegen: Labour hat den Vorsprung auf die Torys inzwischen auf fast 20 Prozentpunkte ausgebaut.

Lukrativer Job bei Boulevardblatt

Dabei bräuchte Sunak gar nicht so viel Angst zu haben vor der Boris-Fraktion in seiner Partei. Gerade einmal sieben Abgeordnete haben sich auf Johnsons Seite geschlagen. Dieser werde, so meldete die „Times“ am Dienstag, für diese Legislaturperiode dieses Parlaments – maximal noch 18 Monate – erst einmal abtauchen. Der Ex-Premier hat sich einen lukrativen Job beim Massenblatt „Daily Mail“ gesichert. Für eine Million Pfund (1,17 Millionen Euro) im Jahr wird er dort wöchentlich eine Kolumne schreiben. In der ersten berichtete er zur Erleichterung der aktuellen Regierung über seine Gewichtsprobleme.

Doch auch nach Johnsons Rückzug hat Sunak genügend Probleme. Seine Fraktion ist zwischen den verschiedenen Gruppierungen der Anhänger Johnsons oder denen von Liz Truss, zwischen den Fans von Brexit und den verbliebenen EU-Freunden tief gespalten. Johnsons Abschied und der von drei weiteren Abgeordneten macht außerdem Nachwahlen nötig, die die Konservativen kaum gewinnen dürften. Sunak, dem selbst ein Mandat fehlt, weil er nicht zum Premierminister gewählt, sondern durch seine Fraktion gekürt wurde, steht unter Erfolgszwang. Gehen die Nachwahlen Ende Juli verloren, beginnen wohl die Spekulationen über seine politische Zukunft.

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