Politik Kommentar: Zeit für Glaubwürdigkeit

Spät, aber immerhin: SPD-Chef Martin Schulz spricht offen über

die Fehler des Wahlkampfs. Aus denen muss die Partei lernen.

Auch wenn es gerade nicht so gut läuft in der SPD, mit einer Sache dürfte sich die Partei trösten: Es geht bei ihr wenigstens nicht so hinterfotzig zu wie bei der CSU. Während der oberste Christsoziale gerade versucht, ein Jamaika-Bündnis zu schmieden, wird ihm daheim schon mal das Austragshäusel hergerichtet, auf dass er dort alsbald seinen Lebensabend verbringen möge. Zwar war bei der SPD die Begeisterung über ihren Vorsitzenden schon einmal deutlich größer, doch den Stuhl zieht man Martin Schulz nicht so dreist unterm Hintern weg wie seinem Amtskollegen in Bayern. Spät, aber immerhin, hat sich Schulz nun zu den Fehlern des SPD-Wahlkampfes bekannt und viele richtige Dinge angemerkt. Zu unkonkret sei man gewesen, zu sprunghaft und vor allem zu weit neben den wirklich wichtigen Problemen der Menschen. Die Flüchtlingskrise und ihre Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Leute wurden ausgeklammert – ein Manko, das auch schon Schulz-Vorgänger Sigmar Gabriel kritisiert hatte. Gleichwohl ist Gabriel damit nicht aus dem Schneider. Die wohl größten Fehler der Kampagne gehen auf ihn zurück, allen voran die späte Nominierung des Kanzlerkandidaten. Dass die Parteimitglieder bei Personalentscheidungen künftig mehr zu sagen haben, wünscht sich Schulz. Mehr Basis, weniger Basta? Kann man machen. Aber eine Urwahl ist nur ein Akzent von vielen. Die SPD braucht eher Zeit für mehr Glaubwürdigkeit. Das heißt in erster Linie: aus den Fehlern lernen.

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