Meinung Kommunale Finanznot: Mehr Ehrlichkeit gefragt

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Die nach wie vor prekäre Finanzlage vieler Kommunen in Rheinland-Pfalz gefährdet die kommunale Selbstverwaltung. Das Land muss mehr Geld geben. Damit allein ist das Problem aber nicht gelöst.

Seit Jahren streiten das Land Rheinland-Pfalz und seine Kommunen vor Gericht. Dabei geht es zwar meist ums Geld, letzten Endes aber um nichts weniger als die kommunale Selbstverwaltung. Denn diese könnte über kurz oder lang auf der Strecke bleiben, wenn den Städten, Kreisen und Gemeinden immer mehr die Luft zum Atmen genommen wird.

Wer ganz schwarz sehen will, der sagt, dass es schon lange so weit ist. Vielerorts funktioniert es nur noch, weil Kassenkredite für die laufenden Ausgaben angehäuft und zumindest für die allernotwendigsten Investitionen zusätzlich Schulden gemacht werden. In dieser Lage die Lust auf das so dringend benötigte kommunalpolitische Amt zu wecken, erscheint wie eine Sisyphusarbeit.

Entschuldung keine Wohltat

Das Land hat seine jüngste Entschuldungsinitiative für die Kommunen immer wieder angepriesen. Um eine Wohltat handelt es sich dabei aber nicht. Denn angesichts dessen, dass die Kommunen über Jahrzehnte zu wenig Geld im Vergleich mit ihren wachsenden Aufgaben bekommen haben, war das nicht mehr als richtig. Man könnte es auch eine nachträgliche Wiedergutmachung nennen, wenn die Kommunen nicht umgekehrt ihr Scherflein zur Entschuldung beitragen müssten. Dieses bindet angesichts der nach wie vor unzureichenden Finanzausstattung zusätzlich Geld. Damit nicht genug, dreht sich die Kostenspirale ungebremst weiter nach oben. Obwohl die Kommunen immer wieder darauf verwiesen haben, dass eine Entschuldung allein nicht reicht, sondern sie mehr Geld brauchen, hat sich wenig geändert. Schon im Frühjahr 2024 war klar, dass etliche Städte und Gemeinden, seien sie groß oder klein, wieder Kurs auf hohe Kassenkredite nehmen müssen.

Natürlich kann auch das Land nicht aus dem Vollen schöpfen. Und natürlich geht es immer um Steuermittel, egal, wer bezahlt. Ständig vor Gericht zu ziehen, hilft da wenig. Vielmehr muss das Land endlich zusammen mit den Kommunen einen Weg finden, um das Problem gut zu lösen. Der neue Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) hat davon gesprochen, dass sich bei der Diskussion zwischen den Kommunen und dem Land fast schon Rituale des gegenseitigen Missverständnisses eingespielt hätten. Er hat nun die Chance, mit Ritualen zu brechen.

Was geht noch?

Auf der anderen Seite muss den Kommunen klar sein, dass mehr Geld zwar unabdingbar ist, aber nicht das allein seligmachende Maß der Dinge sein kann. Nach wie vor ist gerade die Pfalz sehr kleinstrukturiert. Beispiel Landkreis Kusel: Er zählt 98 Gemeinden, viele davon mit unter 500 Einwohnern. Dass es dann Probleme bei einer gemeinsamen Kindertagesstätte, einem arbeitsintensiven Mini-Zweckverband, etlichen Freibädern aus alter Zeit oder der Suche nach einem neuen Ortsbürgermeister gibt, verwundert nicht. Die Zeiten haben sich geändert, und es könnte an der Zeit sein, beispielsweise eine Gemeindegebietsrefom anzustreben, die diesen Namen auch verdient und bei der die Ortsgemeinden nicht mehr tabu sind. Was diese nicht davon abhalten sollte, über eine jederzeit mögliche freiwillige Fusion nachzudenken. Ein mühsames Geschäft, klar, und Freunde macht man sich damit auch nicht.

Aber für mehr Ehrlichkeit auf allen Seiten wäre es höchste Zeit. Das könnte darüber hinaus eine Möglichkeit sein, die Menschen wieder für Kommunalpolitik zu begeistern, weil sie Gestaltungsspielraum hätten. Stattdessen heißt es aktuell vielerorts so, wie im Gemeinderat Bosenbach im Kreis Kusel: Trotz Entschuldungspartnerschaft „sind wir wieder da, wo wir zuvor waren – und haben null Chance“.

Hier lesen Sie in einem RHEINPFALZ-Interview, warum ein Landrat einen Masterplan für die Westpfalz fordert.

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