Politik Leitartikel: Bischöfliche Revolte

Im Einzelfall soll es evangelischen Christen möglich sein, die Kommunion zu empfangen. Das hat die deutsche katholische Bischofskonferenz beschlossen. Sieben Oberhirten machen dagegen mobil – auf unsolidarische Weise. Der Vatikan soll entscheiden, wer recht und somit das Sagen in der deutschen Amtskirche hat.

Von einem guten, gar brüderlichen Umgangsstil zeugt das Vorgehen der sieben deutschen Bischöfe wahrlich nicht. Vorbei an ihren Mitbrüdern wandten sie sich an den Vatikan. Die kirchlichen Würdenträger mit dem Kölner Kardinal Woelki an der Spitze wollen geklärt wissen, ob das, was bei der Bischofskonferenz im Februar beschlossen wurde, nicht die katholische Lehre aufweicht. So ihre Angst. Doch es geht ihnen um mehr. Der Vatikan soll entscheiden, wer recht und somit das Sagen in der deutschen Amtskirche hat. Ganz nach der Jahrhunderte lang bewährten Methode „Roma locuta, causa finita“, „Rom hat entschieden, die Sache ist erledigt“. Anlass der Revolte ist eine Handreichung, die im Einzelfall die Zulassung evangelischer Christen zur Kommunion im katholischen Gottesdienst regelt. Betroffen ist bei der Vielzahl konfessionsverschiedener Ehen aber doch nur eine kleine Gruppe. Was schon der Blick in die vielerorts leeren Kirchenbänke beim Sonntagsgottesdienst zeigt. Das Dokument will Priestern die Möglichkeit geben, unter bestimmten Bedingungen den nicht-katholischen Ehepartner zur Kommunion zuzulassen. Ehepaaren, die im Alltag ihren Glauben leben, sollen also auch die Abendmahlsgemeinschaft teilen können. Dies ist ein kleiner Schritt in der Ökumene. In Ingolstadt haben die katholischen Würdenträger über dieses Dokument abgestimmt. 60 Bischöfe- und Weihbischöfe sollen anwesend gewesen sein, 13 stimmten mit Nein. Wie der Speyerer Bischof Wiesemann dazu steht, war gestern nicht zu erfahren. Sieben aus dem Kreis der Opposition jedenfalls wollen sich mit der Entscheidung nicht abfinden. Für sie verstößt die Zulassung gegen die Glaubenslehre und die Einheit der Kirche. In ihren Augen überschreitet die deutsche Bischofskonferenz damit ihre Kompetenzen. Übrigens eine Kritik, die Kardinal Gerhard Müller, der von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2012 eingesetzte und von Papst Franziskus im vergangenen Jahr quasi entlassene oberste Glaubenshüter, kurz nach dem Beschluss vorbrachte. Er warnte davor, zu locker mit „theologischen Prinzipien“ umzugehen. Die Kritik wiederum zielt auf den Papst ab. Ohne Dogmen oder Moralvorgaben aufzugeben, setzt Franziskus nämlich stärker auf die Gewissensentscheidung des Einzelnen. Der Argentinier will, dass mehr auf den Einzelfall als auf Prinzipien geschaut wird. Und er wünscht sich mehr Dezentralisierung, heißt: Unter ihm muss nicht alles von Rom aus entschieden werden. Längst haben sich seine Gegner positioniert. Vier Kardinäle, unter ihnen der inzwischen verstorbene Kölner Kardinal Meisner, forderten den Papst im November 2016 erstmals öffentlich heraus. Sie verlangten in einem Brandbrief Aufklärung über Franziskus’ Familienschreiben „Amoris Laetitia“, in dem er einen offeneren Umgang mit Menschen fordert, die nach einer gescheiterten Ehe wieder heirateten. In der katholischen Kirche wird ihnen die Kommunion versagt. „Rechtgläubige“ Katholiken bezichtigten den Papst gar der Häresie, also des Abweichens von der kirchlichen Lehre. Franziskus hat ihnen offiziell nicht geantwortet – bislang. Nun setzen die sieben deutschen Bischöfe – übrigens fünf aus bayerischen Diözesen – Franziskus massiv unter Druck. Sie brüskieren damit auch den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, den Münchner Kardinal Marx. Der wiederum ist einer der Berater des Papstes. Das Ringen und Kräftemessen um den Kurs der katholischen Kirche geht weiter – bei einigen wohl ohne Rücksicht auf Verluste.

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