Politik Präsidenten-Poker um Strafzölle und „Deals“

Es war wohl als Kompliment gedacht, als Donald Trump den Präsidenten der EU-Kommission vor Wochen einen „brutalen Killer“ nannte. Ein raffinierter Verhandlungsprofi, vor dem man auf der Hut sein müsse, so war es wohl gemeint. So verstand es jedenfalls Jean-Claude Juncker, der gestern auf schwieriger Mission im Weißen Haus versuchte, Trump zum Rückzug zu bewegen, zumindest zu einem Innehalten.

Der EU-Kommissionspräsident hatte sich vorgenommen, dem Amerikaner die Idee von Autozöllen ausreden, so dass sich die transatlantischen Handelskonflikte nicht zu einem veritablen Handelskrieg ausweiten und den im Frühjahr beschlossenen Importzöllen auf Stahl und Aluminium nicht ein gegenseitiges Hochschaukeln ohne Aussicht auf Abkühlung folgt. Bevor der Luxemburger das Oval Office betrat, war es allerdings der Gastgeber, der seine Raffinesse bewies. Via Twitter wiederholte Trump einen Vorschlag, wonach sowohl Amerikaner als auch Europäer auf sämtliche Zölle, Handelshindernisse und staatliche Beihilfen verzichten sollten. „Das wäre dann endlich ein freier Markt und ein freier Handel“, schrieb er. „Ich hoffe, dass sie es tun; wir sind dazu bereit, aber sie werden es nicht sein.“ Er hoffe, beide Seiten könnten sich auf einen Deal verständigen, der gut für jedermann sei, sagte der US-Präsident in aller Unverbindlichkeit, als er Juncker gestern Abend im Weißen Haus begrüßte. Seine scheinbar radikale Offerte zielt nicht zuletzt darauf ab, einen Keil zwischen Berlin und Paris zu treiben. Zwischen Deutschland, dessen Wirtschaft von Barrieren für Automobilexporte empfindlich getroffen würde, und Frankreich, dessen Bilanz einen recht ausgeglichenen Handel mit den USA aufweist, das aber etwas dagegen hätte, sollte etwa das Streichen von Agrarsubventionen der EU zur Debatte stehen. Zuvor hatte Trump seine Drohungen mit weiteren Einfuhrzöllen bekräftigt. „Zölle sind das Größte“, twitterte er. Andere Länder könnten entweder faire Vereinbarungen mit den Vereinigten Staaten treffen, oder aber sie müssten mit den Abgaben leben. Im Übrigen, schob er hinterher, sollten die Kritiker daheim endlich aufhören, ihm in die Quere zu kommen. „Der Deal wird niemals so gut sein, wie er sein könnte, wenn wir uns einig wären.“ Der Landesvater im Pokermodus, resolut die eigene wirtschaftliche Stärke ausspielend – das ist das Bild, das der Präsident gerne von sich selbst zeichnet. Junckers Ziel bestand vor allem darin, die nächste Eskalationsstufe des Streits zu vermeiden. Auch die Importzölle auf Autos begründet Trump mit nationalen Sicherheitsinteressen, was nicht nur in Europa für Unverständnis sorgt, sondern auch in amerikanischen Wirtschaftskreisen auf massive Kritik stößt. Das Argument stelle ihn vor Rätsel, sagt John Bazzella, Direktor der Association of Global Automakers, eines Verbands, der die Interessen ausländischer, auch in den USA produzierender Autobauer vertritt. Im Übrigen komme kein in den USA gebautes Auto ohne importierte Komponenten aus. Im günstigsten Fall stamme mindestens ein Viertel der Teile aus dem Ausland. Schon deshalb würde ein Zollwettlauf zu höheren Preisen in den USA führen, auch bei Fahrzeugen „Made in America“. „Wir müssen herauskommen aus diesem Teufelskreis, bei dem wir Gleiches mit Gleichem vergelten“, mahnt Bazzella. Vor dem Treffen mit Trump hatte der Kommissionspräsident demonstrativ selbstbewusst Verhandlungen auf Augenhöhe angekündigt: „Wir sitzen hier nicht auf der Anklagebank. Insofern brauchen wir uns auch nicht zu verteidigen.“ Juncker plädierte für eine „Beruhigung der Gesamtlage“, warnte aber auch vor europäischen Gegenmaßnahmen. Sollte es zu Autozöllen kommen, müsse man reagieren. „Dazu sind wir bereit. Das haben wir nicht im Gepäck, aber im Kopf. Wir sind in der Lage, dass wir sofort adäquat antworten können.“

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