Politik Protest vom Schwiegervater

Die Massendemonstrationen im Inland und zahlreiche Proteste aus dem Ausland haben Polens Präsidenten Andrzej Duda offenbar bewogen, Nein zu sagen. „Ich lege mein Veto gegen das Gesetz über das Oberste Gericht und über den Landesjustizrat ein“, erklärte er gestern. „Duda, rette die Demokratie“, war einer der Slogans der oppositionellen Demonstranten gewesen.

Polens

Präsident hatte rund zwei Wochen Zeit, das von der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) durch beide Parlamentskammern gepeitschte Gesetzespaket zur Justizreform durchzuarbeiten und zu bewerten. Es hat drei Teile. Dazu gehörte, dass die Regierung Richter des Obersten Gerichts in den Ruhestand schickt, um die Posten mit „genehmen“ Juristen neu zu besetzen. Die Richterposten im Landesrichterrat sollten ebenfalls neu besetzt werden. Hunderttausende Demonstranten skandierten zuletzt tage- und nächtelang in ganz Polen: „Dreimal Nein!“ und „Wir fordern ein Veto!“. Selbst der Hausfrieden bei den Duda-Kornhausers hing schief. Schwiegervater Julian Kornhauser, ein in Polen bekannter Schriftsteller und Literaturkritiker, forderte den Präsidenten gemeinsam mit über 300 namhaften Künstlern und Intellektuellen auf, sich an seinen Amtseid zu halten. Der Vorwurf: Die Gewaltenteilung werde sonst aufgehoben, Polen würde in einen autoritären Staat verwandelt. Von einem „Staatsstreich“ war sogar die Rede. Die Richter würden künftig faktisch dem Justizminister und Obersten Staatsanwalt Polens, Zbigniew Ziobro, unterstellt werden. Ob auch die Jura-Studentin Kinga Duda ihrem Vater klar gemacht hat, dass die meisten ihrer Kommilitonen gegen die Politisierung des Richterberufes sind, ist nicht bekannt, aber durchaus möglich. Umfragen zeigen, dass die Stimmung im Land gekippt ist: weg von der breiten Zustimmung zur PiS hin zu einer distanzierten Haltung. Über die Hälfte aller Polen sind gegen die Justizreformen der Nationalkonservativen. Auch international hagelte es Proteste. Die Europäische Kommission in Brüssel befasste sich wiederholt mit dem „Fall Polen“. Sie will es morgen erneut tun. In einem Punkt ist Duda den Reformplänen der PiS gefolgt. Dieser ist ebenfalls folgenschwer. Er betrifft die Amts-, Kreis- und Wojewodschaftsgerichte. Justizminister Ziobro darf künftig die Präsidenten und Vizepräsidenten dieser Instanzen ohne Angabe von Gründen entlassen. Nach eigenem Gutdünken kann er neue Gerichtschefs ernennen. Bislang konnte dies nur in Absprache mit dem Richterkollegium beziehungsweise dem Landesjustizrat geschehen.

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