KOMMENTAR „Rasse“ bleibt im Grundgesetz: Verpasste Chance

Der umstrittene Begriff „Rasse“ steht in Artikel 3.
Der umstrittene Begriff »Rasse« steht in Artikel 3.

Das Grundgesetz schützt vor menschenverachtender Diskriminierung. Das sollte so klar auch in der deutschen Verfassung stehen. Menschliche Rassen aber gibt es nicht.

Dass die Bundesregierung ihr Vorhaben aufgegeben hat, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen, ist keine Niederlage. Denn die Sache ist kompliziert.

Artikel 3 legt fest, dass niemand wegen „seiner Rasse“ benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Der Verfassungstext verwendet damit eindeutig einen Begriff, der keine wissenschaftliche Grundlage hat. Es gibt keine menschlichen Rassen.

Doch der Begriff wird keineswegs positiv zustimmend gebraucht. Im Gegenteil. Gleich in den ersten Bestimmungen des Grundgesetzes, im Katalog der Diskriminierungsverbote, distanziert es sich von der Ideologie des Nationalsozialismus. Das spricht ebenso gegen eine Veränderung des Textes wie die Erwägung, dass eine neue, klarstellende Variante begrenzte rechtliche Wirkung entfalten würde. Denn auch die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtscharta verwenden den Begriff.

Sinnvoll wäre eine Neufassung des Textes dennoch. Denn bei oberflächlicher Lektüre kann der Eindruck entstehen, die Verfassung lege tatsächlich eine Einteilung in Rassen nahe. Dem ist natürlich nicht so. Tatsächlich schützt das Grundgesetz vor menschenverachtender Diskriminierung. Dann kann man das aber auch so klar benennen und aufschreiben. Insofern ist der Verzicht der Ampel, dem auch die Einsicht in die nicht erreichbare Zweidrittelmehrheit im Bundestag zugrunde liegt, eine verpasste Chance.

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