Superreiche Sollte Reichtum begrenzt werden? „Resozialisierung“ einer Millionen-Erbin

„Besteuert die Reichen“: Marlene Engelhorn im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos.
»Besteuert die Reichen«: Marlene Engelhorn im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos.

Kein Mensch sollte mehr als zehn Millionen Euro besitzen, sagt die Wirtschaftsforscherin und Philosophin Ingrid Robeyns. Die Österreicherin Marlene Engelhorn setzt ihre Ideen praktisch um.

„Limitarismus“ heißt ein Buch von Ingrid Robeyns, das gerade mächtig Schlagzeilen macht. Um was es darin geht, verrät der Untertitel: „Warum Reichtum begrenzt werden muss“. Von einem 100-Millionen-Euro-Lottogewinn, sagt die belgische Wirtschaftsforscherin, Philosophin und Autorin, würde sie maximal eine Million Euro für sich behalten. Und weiter: Kein Mensch sollte mehr als zehn Millionen Euro besitzen. Denn ab etwa dieser Grenze schade Vermögen, weil es sich zum Beispiel in Einfluss auf Politik und Medien umsetzen lasse.

Zudem sei das Vermögen sogenannter Superreicher ohne die Leistung der Gesellschaft nicht denkbar sei. Kein Selfmade-Milliardär habe nicht auf die ein oder andere Art und Weise von guten Startbedingungen profitiert. Selbst geniale Forscher und Unternehmer bräuchten funktionierende staatliche Strukturen; ihre Entwicklungen bauten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen auf, die mit Steuergeld finanziert wurden.

25 Millionen Euro verteilt

Marlene Engelhorn spielt zwar nicht in der Liga der Elon Musks, Bernard Arnaults oder Jeff Bezos’, die sich um die Spitze der Reichenliste der Welt balgen. Aber aus ihrer eigenen Sicht hält sich die 31-jährige Österreicherin für ziemlich reich. Oder hielt sich dafür – wie man besser sagen sollte. Denn ein von Engelhorn eingesetzter Bürgerrat hat soeben 25 Millionen Euro aus dem Vermögen der Sozialaktivistin an rund 80 Organisationen und Vereine verteilt.

Die Wienerin steht sozusagen beispielhaft für praktischen Limitarismus. In Robeyns Buch sieht sie den Beweis dafür, dass es in einer Demokratie keine Rechte ohne Pflichten gebe – und keinen Reichtum ohne Grenzen. „Der Limitarismus bietet eine Möglichkeit, den Reichtum wieder zu demokratisieren und damit das reichste Prozent zu resozialisieren“, so Engelhorn.

„Meine Privilegien fangen mich auf“

Der Namen Engelhorn ist in der Kurpfalz nicht unbekannt. Die Wienerin Marlene Engelhorn ist eine Nachfahrin von BASF-Gründer Friedrich Engelhorn, der sein Geld später in das Mannheimer Pharmaunternehmen Boehringer investierte, das wiederum 1997 an den Schweizer Konzern Hoffmann-La Roche verkauft wurde. Die Millionen, die sie nun verschenkt, erbte die 31-Jährige von ihrer Großmutter Traudl Engelhorn-Vechiatto. Diese hatte 1955 einen Urenkel Friedrich Engelhorns und Boehringer-Mitgesellschafter geheiratet. Bei ihrem Tod 2022 wurde ihr Vermögen auf vier Milliarden Euro geschätzt.

Das ist wohl ein Grund, warum Marlene Engelhorn trotz des weitgehenden Verlusts ihres Millionen-Erbes entspannt ist. „Meine Privilegien fangen mich auch nach der Rückverteilung auf“, sagte sie zum Start des Bürgerrats. Um sich den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern, hat sie auch einen Teil ihres Erbes zur Seite gelegt. Von etwa zehn Prozent ist die Rede. Robeyns Limit dürfte sie also einhalten.

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