Politik Sprengstoff statt weißer Rosen aus Athen

Mit dem sehnsuchtsvollen Schlager „Weiße Rosen aus Athen“ schaffte es die griechische Sängerin Nana Mouskouri 1961 auf Platz eins der deutschen Hitparade. Dieser Tage indes wird alles, was auf dem Postwege „aus Athen“ nach Deutschland gelangt, misstrauisch beäugt. Wurde doch vergangenen Mittwoch in der Poststelle des Bundesfinanzministeriums in Berlin ein dicker Briefumschlag abgefangen, der – in Athen als Einschreiben aufgegeben und an Minister Wolfgang Schäuble adressiert – Sprengstoff und eine Zündvorrichtung enthielt. Sicherheitsbeamte machten die Bombe unschädlich. Einen Tag später verletzte aber eine ähnliche Sendung eine Mitarbeiterin des Internationalen Währungsfonds (IWF) an dessen Sitz in Paris. Nun sind in Athen acht weitere Briefbomben aufgetaucht. Diesmal konnte die Polizei die Umschläge abfangen, bevor sie ihre Empfänger erreichten. Noch am Freitag hatte der griechische Minister für Bürgerschutz, Nikos Toskas, versichert, es gebe keinerlei Anhaltspunkte für weitere Briefbomben. Doch nur einen Tag später entdeckten Beamte in einem Verteilzentrum bei Athen die acht verdächtigen Sendungen. Bekannt wurde der Fund allerdings erst am Montagabend. Einer der Adressaten war der niederländische Finanzminister und Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem. Er ist für viele Griechen, die unter dem Sparprogramm leiden, das die Schuldenkrise lösen soll, eine ebensolche Hassfigur wie der deutsche Finanzminister und der IWF. Sie alle spielen zentrale Rollen in den anstehenden Verhandlungen zur Überwindung der griechischen Schuldenkrise. Als Absender zumindest der Päckchen an Schäuble und den IWF gilt die Extremistengruppe „Verschwörung der Feuerzellen“, die sich im Internet auch selbst bezichtigt hat. Die Gruppe hatte bereits 2010 eine Reihe von Briefbomben aus Athen verschickt, darunter an Bundeskanzlerin Angela Merkel. 2011 wurden die Täter festgenommen. Die Organisation galt seither als zerschlagen – offenbar ein Irrtum. Der griechische Vize-Verteidigungsminister Dimitris Vitsas spielt die Affäre unterdessen herunter: Athen könne für die Briefbomben nicht allein verantwortlich gemacht werden. Es gebe eine Tendenz, Griechenland die Schuld für alles zuzuschieben, klagte der Minister, „sogar für die Atomwaffentests in Nordkorea“.

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