Meinung Trumps Triumph: Zeitenwende im Weißen Haus

Blutverschmiert, unbeugsam bis zum Ende: Donald Trump – hier nach dem Attentat von Butler im Juli – hat sich stets als starker M
Blutverschmiert, unbeugsam bis zum Ende: Donald Trump – hier nach dem Attentat von Butler im Juli – hat sich stets als starker Mann präsentiert – und damit viele Wähler überzeugt.

Donald Trump hat (abermals) seine Gegner Lügen gestraft und seinen Anhängern den ersehnten Triumph beschert. Er wird gerade für Deutschland ein unangenehmer US-Präsident sein.

Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, aber die Hochrechnungen zur Präsidentschaftswahl in den USA besiegeln eine Zeitenwende: Donald Trump zieht im Januar – nach vier Jahren Joe-Biden-Intermezzo – für eine zweite Amtszeit ins Weiße Haus ein. Der Sieg des 78-Jährigen, der 2016 Hillary Clinton düpierte, verhindert auch diesmal, dass die USA erstmals eine Frau als Staatschefin bekommen. Kamala Harris hat so viel warnen können, wie sie wollte: vor drohendem Faschismus, vor einem Egomanen, der sich im Amt bereichert, vor einem Frauenfeind. Es hat Trump nicht verhindert.

Der „Frauenfaktor“ hat durchaus viele Wählerinnen und Wähler motiviert, an die Urne zu gehen. Kamala Harris wurde nicht müde, das Recht auf Abtreibung im Wahlkampf wieder und wieder zu beschwören, um sich von Trump und dessen konservativen Republikanern abzugrenzen. Bei den Kongresswahlen 2018 und 2022 sowie bei der Präsidentenwahl 2020 half Harris’ Demokraten-Partei das Thema Schwangerschaftsabbruch, um entscheidende Vorteile zu erringen. 2024 ist anders.

Neue Wähler gewonnen

Am Ende war es der „Männerfaktor“, der Trump siegen ließ, und zwar sogar recht deutlich. So lassen sich jedenfalls die Nachwahlbefragungen in Schlüsselstaaten wie Pennsylvania oder Georgia interpretieren, die 2020 noch Joe Biden gewann. Im Vergleich zu seiner Schlappe vor vier Jahren schaffte es Trump, in diesen Staaten deutlich mehr Männer aus der afroamerikanischen und der Latino-Wählerschaft für sich zu gewinnen. Zwar bleiben beide Wählergruppen mehrheitlich auf der Seite der Demokraten: Aber in Rennen, die knapp sind, reichen eben schon ein paar Prozentpunkte, um den Unterschied zu machen.

Nachdem Hochrechnungen Donald Trump als Sieger im Bundestaat Pennsylvania auswiesen, war sein Gesamtsieg so gut wie sicher.
Nachdem Hochrechnungen Donald Trump als Sieger im Bundestaat Pennsylvania auswiesen, war sein Gesamtsieg so gut wie sicher.

Für diese neuen Trump-Wähler war die Wirtschaftslage ausschlaggebend. Sie spüren trotz aller guten Arbeitsmarktzahlen und Wachstumsentwicklungen der Biden-Ära die Inflation. Und sie sehen das Land – zutreffend – vor harten Herausforderungen in der Weltwirtschaft. Der Kulturkampf um Abtreibung oder auch „woke“ politische Korrektheit tat ein Übriges.

Eine Szene des Wahlkampfs erscheint im Rückblick als sinnbildich für das Phänomen Trump: Jener Moment, als ein Attentäter in Butler, Pennsylvania, auf den bulligen Politiker schoss und dieser zwar niederging, aber dann – umringt von Leibwächtern – wieder aufstand und die geballte Faust in den Himmel reckte. „Fight, fight (kämpft, kämpft)!“, rief er seinen Anhängern zu. Hier spielte er nicht nur den starken, unbeugsamen Mann, den er so selbstherrlich und theatralisch zu geben versteht. Er war es.

Zu blasse Kandidatin

Kamala Harris hat eine bemerkenswerte Karriere als taffe Staatsanwältin gemacht und war keine so schlechte Justizchefin in Kalifornien. Aber sie hat in ihrer Washingtoner Zeit weder als Senatorin, noch als Vizepräsidentin, noch als Präsidentschaftskandidatin auch nur annähernd ein so starkes Profil zeigen können wie Trump. Alles, was sie zu Wirtschaftspolitik oder auch Migration sagte, wirkte mehr wie ein Hinterherhecheln, nachdem Trump schon längst den Ton gesetzt hatte. Das muss auch für die deutsche Politik nachdenklich machen: Haben SPD oder auch die CDU beim Thema Einwanderung eigene Lösungen, die überzeugen, oder kommen sie nur als Kopie der AfD oder auch des BSW daher?

Kurz vor halb neun deutscher Zeit trat Donald Trump in Florida vor seine Anhänger und präsentierte sich als Sieger der Wahl.
Kurz vor halb neun deutscher Zeit trat Donald Trump in Florida vor seine Anhänger und präsentierte sich als Sieger der Wahl.

Harris’ späte Kür ist nicht ihre Schuld. Biden hätte früher abtreten müssen. Allerdings zeigten die Vorwahlen, dass die Partei noch nicht bereit war, den überfälligen Generationswechsel zu wagen. Vielleicht hätte aber Harris auch mit ein paar Monaten mehr Zeit im Kameralicht das Rennen nicht zu ihren Gunsten gebogen. Die Biden-Regierung hat miserable Umfragewerte – es gab auch eine Wechselstimmung zuungunsten der Demokraten. Es könnte sogar passieren, dass die Republikaner nicht nur den Senat erobert haben, sondern auch ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus halten. Passiert das, wäre das der GAU für die Demokraten-Partei. Das Zelt, das bisher die verschiedenen Lager zusammenhält, hat aktuell irreparable Risse im Dach.

Rechtspopulismus zuerst

Umgekehrt werden die eigentlich auch in Lager gespaltenen Republikaner den süßen Geschmack des Sieges auskosten. Alle werden sich erstmal auf die Schulter klopfen. So oder so: Trump ist auf der Rechten der USA die dominante politische Figur des vergangenen Jahrzehnts. Er hat den Diskurs der Republikaner endgültig auf rechtspopulistisch gestellt. Er wird dem Land nun noch stärker seinen Stempel aufdrücken als 2017 bis 2021. Allein die Senatsmehrheit, die die Republikaner nun errungen haben, gibt ihm einen Hebel, den auch die Deutschen zu spüren bekommen werden. In seinem Kabinett, das vom Senat zu genehmigen ist, wird es keine unabhängigen Geister wie einen General Jim Mattis mehr geben. Ab 20. Januar wird vom Weißen Haus aus durchregiert.

Wie der immerhin schon 78-jährige Trump das körperlich und geistig ganze vier Jahre schaffen soll, ist eine Frage, die auf der Hand liegt und die Menschen rund um den Globus beunruhigen sollte. Wir erinnern uns an die irren Drohungen mit Atomwaffen gegenüber Nordkorea in Trumps erster Amtszeit.

Keineswegs isoliert

Aber auch international ist Trump ja alles andere als isoliert. Er sieht sich nicht von ungefähr als Wladimir Putins Kumpel. Er wird von EU-Präsidentschaftschef Viktor Orbán hofiert. Israels Benjamin Netanjahu kann darauf zählen, dass aus dem Weißen Haus keine Kritik an seinem Kriegskurs mehr kommen wird.

China wird Trump hingegen wie in Amtszeit eins die ganz harte Kante zeigen. Militärische Konflikte zwischen den Supermächten sind nicht auszuschließen – mit potenziell verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft.

Und auch Deutschland wiederum muss damit rechnen, ab 2025 enormen Druck zu bekommen: in der Handelspolitik, weil wir mehr über den Atlantik exportieren, als wir umgekehrt importieren, aber auch mit Blick auf die Verteidigungsausgaben. Trump macht keinen Hehl daraus, dass er nicht vergessen wird, wie eng die Bundesregierung mit Joe Biden zusammenarbeitet. Trotzdem wird er für Deals offenbleiben – wenn sie ihm gefallen. Er wird nicht wie Biden als Partner auftreten, sondern Tag für Tag diktieren, was er von uns will.

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