Politik Unermüdliche Kämpfer gegen das nukleare Inferno

Inmitten der Krise um Nordkoreas Nuklearprogramm erhält die Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen den Friedensnobelpreis. Der Jubel ist besonders in Genf groß, wo ICAN seine Zentrale hat: Aus einem kleinen Büro heraus wird die Bewegung mit 468 Partner-Organisationen in 100 Ländern organisiert.

Der Kampf gegen das nukleare Inferno findet in einem unansehnlichen Beton-Komplex statt. Das graue Gebäude mit der Adresse Route de Ferney 150 steht am Rande der Schweizer Diplomaten-Stadt Genf. Hier streitet die 2007 gegründete Internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen (ICAN) für ihr hehres Ziel. „Es waren einige verrückte Stunden, seitdem wir den Anruf erhielten“, erzählt ICAN-Direktorin Beatrice Fihn, wie sie die Nachricht von der Entscheidung des Osloer Nobelpreiskomitees erlebte. „Ich war geschockt. Zuerst wusste ich nicht, wie ich das Ganze bewältigen soll“, sagt die 34-Jährige. Die schwedische Aktivistin mit der langen blonden Mähne strahlt über das ganze Gesicht. Doch sie wird sehr schnell sehr ernst. „Nukleare Waffen bringen keine Sicherheit und keine Stabilität, im Gegenteil“, doziert sie mit Blick auf die Krise um Nordkoreas Atomwaffenprogramm. Das Kräftemessen zwischen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un verdeutliche, wie überlebenswichtig die totale nukleare Abrüstung für die Menschheit sei. Fihn steuert ihren Teil dazu bei: In ihrem winzigen Büro koordiniert sie mit wenigen Getreuen die Arbeit von ICAN, einer Bewegung, die auf eine Idee des malaysischen Arztes Ron McCoy zurückgeht, des Präsidenten der renommierten Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs“. Prominente wie der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu oder der frühere UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kämpfen Seite an Seite mit den Aktivisten von ICAN. Die Rüstungsgegner organisieren Kampagnen auf sozialen Medien, Demonstrationen und Mahnwachen. Regierungen, die dem im September in New York von zunächst 53 Staaten unterzeichneten Atomwaffenverbotsvertrag fern stehen, geraten schnell in Beatrice Fihns Visier. Trotz „ihres vollmundigen Bekenntnisses zu einer atomwaffenfreien Welt“ boykottiere auch die deutsche Bundesregierung den Pakt, kritisiert sie. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel konterte gestern mit diesen Worten: „Ich freue mich mit ICAN über die Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis“, sagte der SPD-Politiker. Mit Organisationen wie ICAN „teilen wir das Engagement für Abrüstung und das Ziel einer Welt ohne Atomwaffen“. Über die Wege, wie dieses zu erreichen ist, sei man sich nicht einig. Aber klar sei, so Gabriel, dass die Welt „vor einer Spirale neuer atomarer Aufrüstung“ stehe. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an ICAN zeige, „wie sehr das Nobelpreiskomitee sich dieser wachsenden Gefahr bewusst ist“. Die Rüstungsgegner hoffen, dass der Atomwaffenverbotsvertrag bald von noch mehr UN-Mitgliedstaaten unterzeichnet wird. „Als Friedensnobelpreisträger haben wir jetzt ein ganz anderes Gewicht“, sagt Direktorin Fihn. Der Pakt verbietet den Einsatz, die Drohung des Einsatzes, die Entwicklung, den Test, die Herstellung, den Erwerb, den Besitz und die Lagerung von Nuklearwaffen. Zudem untersagt er die Stationierung jeglicher atomarer Waffen auf den Territorien der Vertragsstaaten. 53 Länder haben schon unterschrieben. Nun läuft die Ratifizierung in diesen Staaten. 90 Tage nach der 50. Ratifizierung tritt der Vertrag in Kraft. Im Netz www.icanw.de

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