Meinung Venezuela in der Sackgasse
Vor den Augen der Welt spielt sich in Venezuela gerade eine Tragödie ab ähnlich denen, die sie sich in den vergangenen Jahren zu oft an anderer Stelle auf dem Planeten ereignet haben. Man kann beobachten, wie ein weiteres Land daran scheitert, mit demokratischen Mitteln die Abschaffung der Demokratie zu stoppen. Machthaber Nicolás Maduro hat nach allen vorliegenden Indizien die Präsidentenwahl am 28. Juli gestohlen. Und er zeigt seinen Gegnern und der ganzen Welt, dass er gewillt ist, sich an der Macht festzukrallen.
Die Voraussetzungen dafür sind günstig. Zum einen hat das chavistische Regime einen über Jahrzehnte erprobten Unterdrückungsapparat aufgebaut. Zudem schuf es eine Elite, die durch Korruption und die Beteiligung am Drogenhandel und Schmuggel von Diamanten oder Goldabbau bei Laune gehalten wird. Ferner verfügt Venezuela über die größten nachgewiesenen Ölreserven der Welt, die das Land für jeden ausländischen Partner attraktiv machen. Und die geopolitischen Gegner Washingtons wie Russland und China freuen sich über einen Alliierten am Rande des US-Machtzentrums.
Abstimmung „undemokratisch“
Mehrere unabhängige Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass Oppositionskandidat Edmundo González die Präsidentenwahl mit mehr als 60 Prozent der Stimmen gewonnen hat. Das Carter Center, die einzig zugelassenen seriösen ausländischen Wahlbeobachter, stufen die Abstimmung als „undemokratisch“ ein – worauf das Regime in Caracas der Organisation vorwirft, sich an einem Staatsstreich zu beteiligen.
Die Festnahmen von mehr als eintausend Demonstranten in den vergangenen zwei Wochen, die Einstufung von Journalisten als Terroristen und die Razzien gegen Oppositionelle sowie die Tatsache, dass sich die Köpfe der Anti-Maduro-Bewegung weitgehend im Verborgenen aufhalten, belegen: Venezuela ist das erste große und für die Weltökonomie bedeutende Land in Lateinamerika, das in diesem Jahrtausend den Schritt in die Gewaltherrschaft vollzogen hat.
Wenig Hoffnung für die Demokratie
Damit Elend und Unterdrückung enden, muss Maduro weg. Venezuela ist längst ein internationaler Sozialfall. Über die Hälfte der 29 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner lebt in Armut, zum ständigen Benzinmangel kommen Stromausfälle und Wasserknappheit. Aber die Frage ist: Wie wird man den Diktator mit demokratischen Mitteln los?
Auf dem amerikanischen Kontinent formiert sich um Brasilien, Chile, Mexiko und Kolumbien gerade eine wichtige Gruppe linksdemokratischer Staaten, die Maduro zumindest mit Verhandlungen und Druck zu Zugeständnissen zwingen wollen. Doch wenn überhaupt, halten nur die USA den Schlüssel in der Hand, um ihn wirklich zu Veränderungen zu zwingen. Sie waren der einzige Akteur, der Maduro mit Sanktionen gegen den Ölsektor überhaupt dazu bewegen konnte, die Abstimmung am 28. Juli zuzulassen. Aber es ist unwahrscheinlich, dass Washington das Embargo im US-Wahlkampf wieder verschärft, denn die Höhe der Ölpreise können wahlentscheidend sein. Und die internationalen Konflikte, in welche Washington eingebunden ist, sind zahlreich.
Es gibt also im Moment wenig Hoffnung für die Demokratie und die Menschen in Venezuela.