Politik Verfassungsgericht sieht Anleihenkäufe kritisch

Die Europäische Zentralbank will die Konjunktur ankurbeln.
Die Europäische Zentralbank will die Konjunktur ankurbeln.

«Karlsruhe.»Seit 2015 läuft das Programm der Europäischen Zentralbank (EZB), die damit die Deflationsgefahr stoppen und eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent erreichen will. Genau das stößt auf Bedenken des Bundesverfassungsgerichts. Unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle hat der Zweite Senat das Programm dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt. In der 72 Seiten umfassenden Entscheidung äußern die acht zuständigen Verfassungsrichter Zweifel, dass die EZB ihre Kompetenzen einhält. Bis die Europarichter entschieden haben, ist das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe unterbrochen. Erst wenn die Antworten aus Luxemburg vorliegen, wird der Zweite Senat über die Verfassungsbeschwerden gegen das EZB-Programm entscheiden. Beim sogenannten Quantitative Easing, mit dem die EZB den Kauf von Staatsanleihen beschlossen hat, erwerben die Nationalbanken der Mitgliedstaaten jeweils einen Teil der Staatsanleihen ihres Landes. Die Bundesbank kauft also deutsche Staatsanleihen. Damit wird Geld in die Märkte gepumpt, was wiederum Wirtschaft und Inflation ankurbeln soll. Würden die Staatsanleihen aber deutlich an Wert verlieren, würde die Bundesbank auch den Löwenanteil des Verlustes tragen. Die EZB haftet nur für 20 Prozent. Das Programm soll bis Ende dieses Jahres dauern und bis dahin eine Summe von 2,28 Billionen Euro erreichen. Der EZB-Rat behält sich jedoch vor, das Programm im Hinblick auf Umfang und Dauer auszuweiten. Dagegen haben unter anderen der AfD-Gründer Bernd Lucke und der frühere Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler (CSU) Verfassungsbeschwerden eingelegt. Sie wollen, dass das Bundesverfassungsgericht die Beteiligung der Bundesbank an dem EZB-Programm stoppt. Das Risiko für den deutschen Staatshaushalt sei unverhältnismäßig hoch, so das Argument der Kläger. Der Zweite Senat hält die Bedenken jedenfalls für nicht unbegründet, wie er in seiner Entscheidung ausführt. Anleihekäufe zur Finanzierung von Staatshaushalten seien nicht vom Mandat der EZB gedeckt. Das sieht die Bank indes anders, wie ein Sprecher betonte. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält die Bedenken der Richter auch für unbegründet. Die EZB schöpfe ihre Möglichkeiten aus, um ihre „höllisch“ schwierige Aufgabe einer Geldpolitik für viele unterschiedliche Länder zu erfüllen, sagte er am Abend in Berlin. Klaus Wiener, Chefvolkswirt beim Versicherungsverband GDV, kritisierte wiederum die EZB. Die verbesserte Konjunktur rechtfertige die „extreme Geldpolitik“ nicht mehr. Leitartikel, Bericht: Seite 2

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