Politik Von Urviechern und einem Gockel

Sie kennen die alte Leier: „Es gibt keine Typen und keine Persönlichkeiten mehr in der Politik!“ Alle weich gespült, glatt geschliffen, Gel im Haar. Der Spruch ist blöd. Er hat einen langen Bart. Natürlich gibt es sie, die Quersteher und die Unbeugsamen. Einige von ihnen scheiden gerade aus dem Bundestag aus. Da ist beispielsweise der Grüne Hans-Christian Ströbele. Der Mann war, sagen wir, unbeugsam. So unbeugsam, dass er sich seinen eigenen Überzeugungen nicht beugen wollte. Ströbele hat staatlichen Datenkraken immer misstraut. Zugleich wollte er sich partout nicht damit abfinden, dass ihm einst das Fahrrad geklaut wurde. Was Ströbele in den kuriosen Widersinn trieb, per Videoaufzeichnung nach seinem Drahtesel fahnden zu lassen. Er ist übrigens gefunden worden. Aber nicht aufgrund von Videobildern. Die Anlage am Bundestag hat damals nämlich nicht funktioniert. Da ist ferner der Schwarze Wolfgang Bosbach. Der hat die Seinen so genervt, dass ihm Parteifreund Ronald Pofalla einst nächtens entgegenschleuderte: „Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen! … Du machst mit deiner Scheiße alle Leute verrückt.“ Ja, und dann ist da noch der Volksvertreter Norbert Schindler. Der Mann hat klare Ansagen gemacht, mit ausgeprägt pfälzischer Note. Auch gegenüber Großkopferten wie Angela Merkel oder Volker Kauder. Nach – gefühlt – 19 Sekunden wussten Gesprächspartner, was Schindler von einer neuen Entwicklung oder einem komplizierten Gesetzentwurf hielt. Für uns Journalisten war der Mann aus Bobenheim am Berg gelegentlich eine Herausforderung. Denn er hat die Welt auf eine sehr spezielle Art erklärt. Und in einer sehr eigenen Sprache. So, dass der Pfarrer um Schindlers Seelenheil fürchten würde, wäre er anwesend. Was darf man davon in die Zeitung schreiben, was nicht? Auch das war ihm oft schnuppe. Hier eine Kostprobe: Auf die Ehe für alle angesprochen, schnaubt Schindler zunächst: „Als wenn die Republik nichts anderes zu tun hätt’ …!“ Und dann – gefühlte – sieben Sekunden später sarkastisch: „Wenn der Gockel uff die Gans derf und der Hund uff die Katz’, dann is’ doch alles in Ordnung!“ Nach weiteren – gefühlt – drei Sekunden: „Wer mit dem Zeitgeist verheirat’ is’, is’ bald Witwer oder Witwe!“ Natürlich gibt es sie in der Berliner Politik, die Quersteher und Unbeugsamen ...

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