Meinung Werte in Gefahr: CDU darf Wagenknecht nicht unterstützen

Sahra Wagenknecht will die CDU vorführen und zerstören.
Sahra Wagenknecht will die CDU vorführen und zerstören.

Die CDU kann keine Koalition mit dem BSW eingehen. Sie würde ihre Grundsätze verraten und verspielte jegliche Glaubwürdigkeit bei den Wählern.

„Wir werden unsere Seele nicht verkaufen, um an die Macht zu kommen.“ Das beteuert CDU-General Carsten Linnemann in diesen Tagen gebetsmühlenartig. Doch genau dazu scheint seine Partei gerade bereit. Um sich an die Macht zu klammern (in Sachsen) oder sie zu erringen (in Thüringen), schreckt die Union nicht davor zurück, ihre Grundsätze zu verraten. Sie lässt sich auf eine Frau ein, die ihre Gegnerin ist. Sahra Wagenknecht will mit der CDU nichts auf die Beine stellen. Sie will sie vorführen und zerstören.

Bei aller Lust aufs Gestalten hat die Union stets darauf geachtet, ihre Prinzipien zu pflegen. Das waren in der Außenpolitik die Westbindung, die Freundschaft mit den USA, die Nato-Mitgliedschaft, das vereinte Europa. Manches hat die CDU gegen Widerstände durchgesetzt. Konrad Adenauer hat den jungen Staat in die Nato geführt und die Bundeswehr aufgebaut; Helmut Kohl die Nachrüstung bewerkstelligt. In Kernfragen war für die CDU Haltung wichtiger als Taktik. Das machte sie berechenbar und solide.

Sahra Wagenknecht steht gegen alles, was der CDU am Herzen liegt. Sie hält die Nato für eine aggressive Militärmaschine, möchte die Freundschaft zu den USA beenden und Partner von Putins Russland sein, das ein Nachbarland überfallen hat. Der Graben zwischen CDU und BSW ist mindestens so tief wie die Kluft der Christdemokraten zur AfD.

Wagenknecht missbraucht Landespolitik

Nun könnte man einwenden, das solle nicht so hoch gehängt werden, es gehe doch nur um Landespolitik. Um bessere Schulen und Kitas, um mehr Polizisten und regelmäßig fahrende Busse und Regionalzüge. Aber Wagenknecht interessiert das nicht. Sie möchte in Erfurt regieren, damit keine Waffen in die Ukraine geliefert und keine US-Raketen in Wiesbaden stationiert werden. Sie missbraucht Landespolitik für ihren bundespolitischen Erfolg.

Eine Partei wie das Bündnis, das Wagenknechts Namen trägt, hat es in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Es ist eine Kaderpartei kommunistischen Typs, straff von oben nach unten geführt. Wagenknechts Wille ist bei ihren Getreuen Gesetz. Wer ihr widerspricht, wird abgemeiert. So wie Katja Wolf, die BSW-Frontfrau in Thüringen, eine erfahrene Kommunalpolitikerin, lange Jahre Oberbürgermeisterin in Eisenach. Sie glaubte, eine seriöse Vereinbarung mit CDU und SPD erzielt zu haben und saß nach der Schelte der großen Vorsitzenden in der Ecke wie ein Häufchen Elend. Nun muss sie nachsitzen.

Dann lieber Neuwahlen

Ob sich am Ende Pragmatismus oder Kadavergehorsam durchsetzt, mag für Thüringen von Belang sein. Für die CDU geht es um viel mehr. Sie würde durch das Bündnis mit Wagenknecht an Glaubwürdigkeit verlieren, eine der wertvollsten Währungen in der Politik. Wie sollte ein Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der sich den ehrgeizigen Rivalen Markus Söder vom Leibe gehalten hat, künftig überzeugend für die Hilfe an die Ukraine eintreten, wenn er als willenlose Marionette in den Händen einer Frau erscheint, die nicht nur eine andere Politik, sondern eine andere Republik anstrebt?

Bleibt die Sorge, dass die CDU, wenn sie nicht über ihren Schatten springt, dem rechtsextremen Björn Höcke in die Karten spielt. Ja, diese Gefahr besteht. Doch noch stärker würde Höckes Weizen blühen, wäre eine zerbrechliche Landesregierung im Dauerstreit gelähmt und von Sahras Gnaden abhängig. Das AfD-Argument, die Wettbewerber hätten sich zu einem Kartell verschworen, bekäme neue Nahrung. Da wäre es besser, die Union geht das Wagnis einer Minderheitsregierung ein oder versucht ihr Glück sogar mit Neuwahlen. Politik sollte solide und berechenbar sein, nicht spitzfindig und halbseiden.

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