Einwanderung Wie Nordeuropa seinen Kurs in der Migrationspolitik verschärft

In Dänemark laufen bereits seit einiger Zeit Diskussionen um Abschiebungen nach Syrien.
In Dänemark laufen bereits seit einiger Zeit Diskussionen um Abschiebungen nach Syrien.

Asylsuchende aus südlichen Ländern haben es schwer, in Dänemark, Norwegen oder Schweden angenommen zu werden. Schon seit Längerem haben diese Ländern ihre Regeln für Migranten verschärft. Verwiesen wird auch auf ausufernde Bandenkriminalität. Doch manche Experten sprechen von „zu einfachen“ Thesen.

Es ist eine Statistik gewesen, die Schwedens Staatsminister Ulf Kristersson und Migrationsministerin Maria Malmer Stenergard in ihrer Linie bestärkt hat. Die Politiker, die beide der bürgerlich-liberalen Moderaten Sammlungspartei angehören, betonten Ende vergangener Woche in einem Debattenartikel im eher konservativen „Svenska Dagbladet“, Schweden habe die niedrigste Zahl von Asylbewerbern seit 1997. Während anderswo in der Europäischen Union die Asylzuwanderung auf einem hohen Niveau liege, habe sich Schweden wieder zu einem Land der Arbeitseinwanderung entwickelt.

Überaus zufrieden sind sie offenbar auch mit folgender Entwicklung: „Im vergangenen Jahr wanderten mehr Bürger aus Ländern wie dem Irak, Somalia und Syrien aus Schweden aus als ein.“ Ihre Botschaft ist klar: Die Bedingungen für die Einwanderung werden ebenso verschärft wie die Anforderungen zum Erlangen der Staatsbürgerschaft. Das kündigte die Minderheitsregierung von Moderaten, Christdemokraten und Liberalen, die von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten unterstützt wird, allerdings bereits im Februar 2023, wenige Monate nach der Wahl, an. Zwar würden viele Menschen, die durch einen Asylantrag ins Land gekommen seien, einen großen Beitrag leisten, schreiben Kristersson und Malmer Stenergard. Doch Probleme von der Abhängigkeit von Sozialleistungen über Radikalisierung bis hin zu Bandenkriminalität seien Folge „der großen Zuwanderung und der schlechten Integration“.

Eskalierende Gewalt in Stockholm

Spätestens seit dem Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen starben, läuft diese Debatte um Integration und Abschiebung auch in Deutschland erneut auf Hochtouren. Die unterschiedlichen Positionen prägen auch die Diskussion im Norden Europas. Das schwedische Asylrechtszentrum etwa hat eine unmissverständliche Botschaft: „Asyl zu beantragen, ist ein Menschenrecht“, heißt es auf der Homepage. Indes berichten schwedische Medien häufig über Bandenkriminalität.

Nach Einschätzung der Stadt Stockholm eskaliert die Gewalt seit einigen Jahren. Mit ihr werden häufig Einwanderer in Verbindung gebracht. Experten warnen jedoch vor einer Vereinfachung der Zusammenhänge und einer Polarisierung. Martin Lund, Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Lund, schreibt beispielsweise in der Zeitung „Aftonbladet“: „Dass sich junge Männer für Bandenkriminalität entscheiden, liegt nicht daran, dass sie Männer oder Einwanderer sind, sondern daran, dass das Sicherheitsnetz der Gesellschaft zusammengebrochen ist.“

Verschärfung der Einwanderungspolitik in Dänemark

Im Nachbarland Dänemark sind die konkreten Folgen solcher Debatten längst zu spüren. Bereits 1989 entstand das Abschiebezentrum Ellebaek, das 121 Plätze hat. Nach einem Besuch des Anti-Folter-Komitees des Europarates dort und im Nyköbing Falster Holding Centre hieß es 2019: Die gefängnisähnlichen Lebensbedingungen seien inakzeptabel.

Es mag überraschen, dass Dänemarks Regierungschefin – seit 2019 mit Mette Frederiksen – ausgerechnet eine Sozialdemokratin ist. Nach einer Analyse der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hat Dänemark aber schon seit der Jahrtausendwende seine Politik in Bezug auf Einwanderung und Integration kontinuierlich verschärft. Das hätten die amtierenden Sozialdemokraten nur weiter vorangetrieben. Zuwanderung werde ausschließlich als Gefahr für den dänischen Wohlfahrtsstaat, die Kultur und Sicherheit des Landes gesehen.

Dänemark erklärt Damaskus und die Rif-Region als „sicher“

Wie in Großbritannien gab es auch in Dänemark Überlegungen, den Asylprozess in ein Drittland auszulagern – den Plan stoppte jedoch die dänische Regierung. Unterzeichnet ist mittlerweile ein Abkommen mit dem Kosovo, wo in Dänemark Verurteilte künftig ihre Haft verbüßen sollen. Die Rede ist von 300 Plätzen. Auch die Diskussion um eine Abschiebung nach Syrien läuft schon länger als in Deutschland. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Dänemark bereits zwischen 2020 und dem 1. April 2021 die Aufenthaltstitel von 380 Syrern widerrufen oder nicht verlängert und erklärt, Damaskus und die Rif-Region seien wieder „sicher“.

In Norwegen, das kein Mitglied der Europäischen Union ist, wird die Debatte um Migration und Asyl geräuschloser als in den beiden anderen Ländern geführt. Auch dort betont die Regierung, dass die Zahl der Asylbewerber, die keinen Schutz benötigen, gesenkt werden soll. Anfang des Jahres hieß es allerdings, dass Städte und Gemeinden weiterhin „sehr bereit“ seien, Flüchtlinge aufzunehmen.

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