Bundestag Wiederholung in Berlin: Die Hauptstadt hat die Wahl

Bei der Bundestagswahl im September 2021 bildeten sich vor einigen Berliner Wahllokalen lange Schlangen.
Bei der Bundestagswahl im September 2021 bildeten sich vor einigen Berliner Wahllokalen lange Schlangen.

Nach den Pannen im vergangenen Jahr soll die Bundestagswahl in 431 Berliner Stimmbezirken wiederholt werden. Der Bundeswahlleiter ist zufrieden.

Im Wahlkreis Berlin-Pankow könnte es noch einmal spannend werden. Dort gewann im September 2021 der Grüne Stefan Gelbhaar mit 25,5 Prozent das Direktmandat. SPD-Kandidat Klaus Mindrup, der vier Prozentpunkte dahinterlag, darf jetzt noch einmal hoffen. Denn in Pankow soll der Urnengang in 144 von 175 Wahllokalen wiederholt werden. Der Wahlkreis 76 ist am stärksten von der Entscheidung des Bundestags betroffen, in 431 von insgesamt 2257 Wahlbezirken der Hauptstadt die Bundestagswahl wiederholen zu lassen. In den meisten anderen Wahlkreisen liegt der Anteil der Wahllokale, in denen nochmals abgestimmt werden soll, zwischen 20 und 40 Prozent.

Eng könnte es trotzdem auch um das Direktmandat in Reinickendorf werden: Im Wahlkreis 77 betrug der Abstand zwischen der siegreichen früheren Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und dem Zweitplatzierten Torsten Einstmann (SPD) lediglich 1,4 Prozentpunkte. Ansonsten dürften sich die Auswirkungen der Wiederholungswahl auf die Sitzverteilung im Bundestag in engen Grenzen halten.

Wahlbeteiligung bei fast 150 Prozent

Ausschlaggebend für die Auswahl der Wahlbezirke waren zahlreiche Pannen. Die Liste der Fehler ist erschreckend lang: Stimmzettel wurden falsch verpackt und teils zu spät oder an den falschen Ort ausgeliefert. In 92 Wahllokalen musste die Stimmabgabe deshalb unterbrochen werden. Nach 18 Uhr wurde zudem noch in 255 Berliner Wahllokalen gewählt, in 22 sogar noch nach 19.30 Uhr. Und in einigen Stimmbezirken haben angeblich rund 150 Prozent der registrierten Bürger gewählt: Das sind Zahlen, die nicht einmal die staatlichen Wahlfälscher der DDR zu veröffentlichen gewagt hätten.

Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags hatte zwischen den dokumentierten Wahlfehlern und der Mandatsrelevanz einerseits und dem Bestandsschutz des gewählten Parlaments andererseits abzuwägen. Mit dem Ergebnis der Teilwiederholung ist insbesondere die Union unzufrieden, die eine komplette Wahlwiederholung in Berlin fordert. Eine Anfechtung der Entscheidung der Ampel-Fraktionen vor dem Bundesverfassungsgericht ist deshalb sehr wahrscheinlich.

In Berlin muss der Senat um seine Mehrheit bangen

Bundeswahlleiter Georg Thiel begrüßte dagegen die Entscheidung. Die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin sei richtig, „um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den korrekten Wahlablauf nachhaltig zu sichern“, erklärte er am Freitag. Bis zur nächsten Wahl müssten aber noch „einige wichtige Fragen“ geklärt werden – etwa, welche Wartezeit vor den Wahlräumen noch hinnehmbar sei und wann Wahlräume um 18 Uhr endgültig zu schließen seien.

Am Mittwoch will auch der Berliner Verfassungsgerichtshof sein Urteil zur Wahlwiederholung verkünden. Die Richter haben sich bereits positioniert, weshalb alle Parteien von einer Wiederholung der Wahl des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen ausgehen. Allerdings könnte das Bundesverfassungsgericht die Pannen anders bewerten als das Landesverfassungsgericht. Der Senat aus SPD, Grünen und Linken hat bereits angedeutet, das erwartete Urteil in Karlsruhe überprüfen zu lassen.

Sollten alle Abgeordneten für Land und Bund in Berlin erneut bestimmt werden, könnte in der Hauptstadt nach den jüngsten Umfragen am Ende ein neuer Senat mit einer neuen Regierenden Bürgermeisterin stehen. Für die Zusammensetzung des Bundestags hätte eine komplette Wahlwiederholung weit weniger gravierende Auswirkungen, sagen Experten. Nur für die schwächelnde Linke könnte sie gefährlich werden.

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