Meinung Wieso die Bundes-Ampel vor dem Aus steht

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Die Spitzen von SPD und FDP sind am Sonntagabend im Kanzleramt zusammengekommen. Manches deutet auf ein baldiges Aus der Koalition hin. So bitter das angesichts der Weltlage wäre: Jetzt braucht es Klarheit.

Wann immer Floskeln aus dem Fußball Einzug halten in die Berichterstattung über die Bundespolitik, sieht es eher schlecht aus für die Regierenden. Aktuell halten viele Floskeln aus dem Fußball Einzug in die Berichterstattung über die Bundespolitik. Da stehen Akteure im Abseits oder erhalten gelb-rote Karten. Hoffnungsträger laufen sich warm, während Glücklose um ihre Auswechslung betteln. Die einen möchten sich nur bis zum Abpfiff retten, die anderen drängen forsch nach vorne. Das bevorstehende Spiel ist das wichtigste. Wer nächstes Mal wieder dabei sein will, tut alles, um zu glänzen. Oder andere zu foulen.

Dauerkrise statt Meisterschaft

Bleiben wir beim König Fußball, steht nun das Endspiel an. Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen hat FDP-Spielführer Christian Lindner den Matchplan verändert. Er spielt weiter auf Sieg, aber nicht auf den gemeinsamen. Mit seinem Ultimatum im September, das er nicht als Ultimatum verstanden wissen wollte, hat der Finanzminister das erste Mal Foul gespielt. Seine Mitspieler in Rot und Grün beließen es bei einer Ermahnung. Sein aktueller Brief an Robert Habeck und Olaf Scholz ist aber nicht weniger als eine Notbremse. Lindner weiß, dass sich die SPD niemals von Herzensprojekten wie Tariftreuegesetz und Bürgergeld verabschieden wird. Ebenso ist ihm bewusst, dass der Sonderweg beim Klimaschutz Kern der grünen Partei ist und bleiben wird. Lindner nimmt einen vorgezogenen Schlusspfiff mindestens in Kauf.

Der FDP-Kapitän hat längst die neue Saison im Blick. Eine Verlängerung der Ampel hält er für ausgeschlossen. Die Grünen hätte er von Anfang an nicht in sein Team gewählt. Da die das wussten, haben sie Lindners FDP per Koalitionsvertrag mehr zugestanden, als es für den mit Abstand kleinsten Mitspieler erwartbar war. Doch die Positionen der Liberalen sind mit die undankbarsten: Als Finanzminister muss Christian Lindner ständig Nein zu Dingen sagen, die der eigenen Mannschaft gefallen würden. Als Verkehrsminister grätscht Volker Wissing jede Umfrage zur Zufriedenheit mit der Bahn um. Als Bildungsministerin ist Bettina Stark-Watzinger im föderalen System ohnehin nicht mehr als Bälleverteilerin. Als Justizminister muss Marco Buschmann die Pässe verarbeiten, die ihm andere zuspielen.

Zeit für den Schlusspfiff

Nun also Endspiel. Nach einem Trauerspiel. Dabei war die Hoffnung gerade in Rheinland-Pfalz vor Anpfiff groß. Rot und Gelb sind nicht nur die Farben von Dornfelder und Riesling. Sie erinnern die Pfälzer auch an sozial-liberale Koalitionen, die nicht zu den schlechtesten Mannschaftsaufstellungen im politischen Mainz gehörten. Wer genau hinhört, statt nur den vorgestanzten Antworten bei Pressekonferenzen zu lauschen, der weiß: Allzu viele Kapitäne versauen die Meisterschaft. In der Ampel balgen sich permanent zwei Leader um die Binde – keiner von beiden ist Kanzler. Der wiederum verhält sich auch bei großen Matches so leise wie einst Miroslav Klose, hat aber weniger Anlass für Jubelsalti als die Legende des 1. FCK.

Die Mehrheit der Zuschauer weiß derweil längst: Der Ampel fehlt’s an Körnern für eine Verlängerung. Innerhalb der Mannschaft ist das eigentlich auch allen bewusst. Sie gehen nur höchst unterschiedlich mit der Erkenntnis um. Die FDP in Form von Christian Lindner winkt die CDU aufs Feld. Die Grünen um Möchtegern-Kanzler Robert Habeck möchten sich für eine künftige Nominierung empfehlen. Und die SPD will in Person von Olaf Scholz den Bastian Schweinsteiger geben und trotz Schmerzen weiter Verantwortung fürs Team und damit fürs Land übernehmen. Nur: Draußen wartet diesmal kein Mario Götze. Manchmal ist nicht kicken schlichtweg besser als weiterkicken - auch wenn die Welt gerade ganz unbedingt ein stabiles Deutschland bräuchte. Hätte der Wähler die Pfeife griffbereit, läge sie wohl schon lange an seinen Lippen.

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