Politik Willkommener Aufstand

US-Präsident Donald Trump könnte die Proteste in Iran nutzen, um das internationale Atomabkommen mit dem Regime endgültig zu kippen.

So deutlich wie keine andere westliche Regierung hat US-Präsident Donald Trump seine Unterstützung für die Proteste in Iran erklärt. „Das iranische Volk handelt endlich gegen das brutale und korrupte iranische Regime“, twitterte er gestern Morgen (Ortszeit) und fügte an die Adresse der Führung in Teheran gerichtet warnend hinzu: „Die USA schauen hin.“ Trump setzte damit eine Serie von Tweets fort, mit denen er seit Beginn der Demonstrationen klar macht, dass er den teils gewaltsamen Aufstand in vielen Städten Irans begrüßt. So forderte er, es sei „Zeit für einen Wechsel“ – eine Anspielung auf die Forderung außenpolitischer Hardliner, die USA müssten auf den Sturz der iranischen Regierung hinarbeiten. Dagegen haben sich die EU und auch der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bislang weitgehend darauf beschränkt, die iranische Führung zur Achtung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit aufzurufen. Trump hat seit seinem Amtsantritt einen härteren Kurs gegenüber Iran befürwortet. So lehnt er das internationale Atomabkommen ab, das einen Verzicht Irans auf das Atomwaffenprogramm des Landes mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen verknüpfte. Durch die jüngsten Ereignisse fühlt sich der US-Präsident bestätigt. Dank des „schrecklichen Deals“ seines Vorgängers Barack Obama sei Geld in die Taschen des Regimes und in den Terrorismus geflossen, twitterte er. Dagegen habe das Volk „wenig zu essen, hohe Inflation und keine Menschenrechte“. Innenpolitisch kann Trump mit seiner klaren Botschaft mit breiter Zustimmung rechnen. Anders als der jetzige Präsident hatte sich Vorgänger Obama 2009 beim Beginn der Grünen Revolution zunächst sehr zurückhaltend geäußert. Tausende Iraner warfen ihrer Regierung damals vor, die Ergebnisse der Präsidentenwahlen gefälscht zu haben. Die Proteste blieben erfolglos. Die US-Regierung begründete ihre Zurückhaltung damals damit, dass eine Unterstützung durch den Erzfeind USA den Demonstranten mehr schaden als nutzen würde. Und tatsächlich beschuldigte auch diesmal Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei „Feinde Irans“, die Proteste mit Geld, Waffen, Politik und Geheimdienstapparaten geschürt zu haben. Dennoch halten im Rückblick auch Vertreter der Obama-Regierung die damalige Vorsicht für falsch. „Das iranische Volk, vor allem die Jungen, demonstrieren für die Freiheit und die Zukunft, die sie verdienen“, sagte die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nun zu den aktuellen Protesten. Offen ist, wie Trumps Iran-Politik jenseits seiner dröhnenden Tweets aussehen soll. Kritiker argwöhnen, dass es ihm weniger um die Iraner als um ein innenpolitisches Feuerwerk geht. Denn bei Ländern wie China oder den Philippinen stört Trump sich weit weniger an Menschenrechtsverletzungen. Man wisse wenig über das, was in Iran wirklich vorgehe, gab der frühere Außenminister John Kerry zu bedenken und schickte eine Mahnung in Richtung Weißes Haus: „Das ist der Moment der Iraner und von niemand sonst.“ Doch könnte sich Trump durch die Vorfälle ermutigt fühlen, entgegen dem Rat seines Sicherheitskabinetts nun tatsächlich das Atomabkommen zu kippen. Im Oktober hatte er die Entscheidung an den Kongress zurückverwiesen, mit der Aufforderung, das Abkommen nachzuverhandeln. Doch der Kongress hat die Frist verstreichen lassen. Mitte Januar muss der US-Präsident erneut Stellung nehmen und zugleich entscheiden, ob eine Reihe von Strafmaßnahmen der USA gegen Iran ausgesetzt bleiben. Verlängert Trump die entsprechende Regelung nicht, treten die Sanktionen automatisch wieder in Kraft. Iran dürfte das als Bruch des Vertrages verstehen und sein Atomprogramm neu starten. Die schwierige wirtschaftliche Situation vieler Iraner, die der Auslöser der jüngsten Proteste war, würde sich dann noch verschlimmern.

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