Suizidbeihilfe Wissenschaftler fordern zentrale Rolle für Ärzte

Die „Hinwendung zum Leben“ soll durch Beratungs- und Hilfsangebote erleichtert werden, fordern die Wissenschaftler.
Die »Hinwendung zum Leben« soll durch Beratungs- und Hilfsangebote erleichtert werden, fordern die Wissenschaftler.

Mitglieder der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina haben Vorschläge für eine Neuregelung der Suizidbeihilfe vorgelegt.

In einem am Donnerstag veröffentlichten Positionspapier fordern die Mediziner, Juristen und Ethiker ein „ausbalanciertes System“, das einerseits das Selbstbestimmungsrecht und die Entscheidungsfreiheit jedes Menschen achtet. Andererseits solle allen Betroffenen eine „Hinwendung zum Leben“ durch Beratungs- und Hilfsangebote, palliativmedizinische und hospizliche Versorgung sowie ein Informations-, Beratungs- und Begleitungsnetzwerk erleichtert werden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung aufgehoben. Die Selbsttötung und die Möglichkeit, dabei die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen, gehörten zum Recht auf Selbstbestimmung, so die Richter. Sie forderten die Politik auf, einen Rahmen für Suizidbeihilfe festzulegen und Missbrauch zu verhindern.

Äußerer Druck auf Suizidwillige muss vermieden werden

Konkret sprechen sich die Wissenschaftler nun dafür aus, dass grundsätzlich nur die Entscheidung von Volljährigen als Ausdruck eines autonom gebildeten Suizidwillens anerkannt werde. Lediglich in besonderen medizinischen Ausnahmefällen sollte auch eine entsprechende Entscheidung Jüngerer anerkannt werden.

Die Wissenschaftler betonen, dass eine umfassende Information zu Behandlungs-, Begleitungs- und psychosozialen Kriseninterventionsangeboten sichergestellt werden müsse. Dabei sei insbesondere darauf zu achten, dass kein äußerer Druck auf Suizidwillige ausgeübt werde. Bewertung der Freiverantwortlichkeit und Durchführung der Suizidassistenz müssten personell und organisatorisch getrennt werden.

Kritik der Stiftung Patientenschutz

Ärzte verschiedener Disziplinen müssten sicherstellen, dass keine psychische oder medizinische Gründe vorliegen, die eine autonome Entscheidung ernsthaft infrage stellen. Die Autoren plädieren dafür, dass kommerzielle Angebote der Suizidassistenz sowie Werbung dafür verboten werden. Um Suizide zu ermöglichen, müssten das Betäubungsmittelgesetz sowie das ärztliche Berufsrecht angepasst werden.

Die Stiftung Patientenschutz begrüßte, dass die Leopoldina die gewerbsmäßige Suizidassistenz unter Strafe stellen will. Erstaunlich unkonkret blieben die Autoren allerdings bei den sogenannten Schutzkonzepten, erklärte Vorstand Eugen Brysch. So seien schon ausreichend psychische, pflegerische und medizinische Hilfsangebote nicht für jeden Suizidwilligen verfügbar. „Vor diesem Hintergrund bleibt die Beurteilung einer freiverantwortlichen Entscheidung reine Theorie.“

Kommentar: Wer partout sterben will, soll das in Würde tun können

x