Fragen und Antworten Wohnraumoffensive der Regierung: Noch immer Baustellen

In Metropolregionen bleibt Wohnraum knapp und teuer.
In Metropolregionen bleibt Wohnraum knapp und teuer.

Mehr Wohnungen und weniger Hürden beim Bauen: Mit dem Wohngipfel 2018 wollten Bund, Länder und Kommunen in Großstädten eine Wohnraumoffensive einläuten. Wie ist die Bilanz?

Das Bundesbauministerium von Horst Seehofer (CSU) verweist auf zahlreiche Erfolge wie etwa das Baukindergeld oder die Wohngeldreform. Eine Übersicht über Ziele und was daraus geworden ist.

Wie sieht es beim Wohnungsneubau aus?
1,5 Millionen Wohnungen zusätzlich in dieser Legislaturperiode - so lautet das Ziel der Wohnraumoffensive. Das bedeutet, dass jährlich 375.000 neue Wohnungen entstehen müssten. 2018 waren es laut Statistischem Bundesamt knapp 286.000, 2019 dann 293.000. Das war zwar der höchste Stand seit 2001, aber immer noch unterhalb der Zielmarke. Zahlen für das Gesamtjahr 2020 gibt es noch nicht.

Seehofer verweist darauf, dass es einen Bauüberhang in der Größenordnung von rund 700.000 Wohnungen gebe: genehmigte, aber noch nicht gebaute Wohnungen. Die Chancen für das 1,5-Millionen-Ziel stünden daher gut, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Wir sind auf dem Weg zu einem Wunder beim Wohnungsbau.“ Die IG BAU widerspricht: „Im Rohbau oder auf einer Baugenehmigung kann keiner wohnen.“ Bis Ende 2021 wird es bestenfalls 1,2 Millionen Neubauwohnungen geben, so die Schätzung der Gewerkschaft.

Welche Prognosen gibt es?
Laut der staatlichen KfW-Förderbank könnten dieses Jahr mehr als 300.000 Wohnungen gebaut werden. Zudem trügen die neuen Wohnungen zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte bei – denn sie würden vorwiegend dort gebaut, wo die Nachfrage durch Bevölkerungszuwachs gestiegen ist. Trotzdem gebe es einen ungedeckten Bedarf, den die KfW bei 350.000 bis 400.000 Wohnungen pro Jahr sieht. Vor allem in den wachsenden Metropolregionen bleibe „Wohnraum knapp und teuer“.

Welche Vorschläge und Debatten gibt es?
Das Institut der deutschen Wirtschaft verweist darauf, dass die Bundesregierung nicht selbst bauen, sondern nur die Rahmenbedingungen verbessern könne. „Flaschenhals“ sei das Bauland, das von den Kommunen ausgewiesen werden muss. Die Kommunen stünden hierbei allerdings vor zwei wesentlichen Problemen: Erstens wehrten sich viele Bürger gegen neues Bauland. Zweitens fehle vielen Kommunen das Geld, um die erforderliche Infrastruktur zu finanzieren. „Hier hätte der Bund mit einem Fonds helfen können“, erklärt das wirtschaftsnahe Institut.

Nach Einschätzung des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft ZIA bleibt der Wohnungsbau auch wegen bürokratischer Hürden hinter den Erwartungen zurück. Es gebe immer noch über 20.000 verschiedene Bauvorschriften, die das Bauen verlangsamten. Ein breites Bündnis unter anderem aus Mieterbund, DGB und Paritätischem Gesamtverband drängt auf einen Mietenstopp und einen Verzicht auf Mieterhöhungen für sechs Jahre – unter anderem weil viele Menschen Einkommensverluste in der Corona-Krise hätten.

Welche Versprechen wurden seit 2018 umgesetzt?
Seehofers Ministerium betont, dass Dutzende Versprechen der Wohnraumoffensive komplett oder größtenteils umgesetzt worden seien – von der Reform des noch aus dem Jahr 1951 stammenden Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) über die Grundsteuerreform bis hin zu einem Schub für das serielle und modulare Bauen, das Bauvorhaben erleichtern und kostengünstiger machen soll.

Außerdem verweist Seehofer auf das Baukindergeld, für das die Frist für eine Baugenehmigung oder die Unterzeichnung eines Kaufvertrags Ende März ausläuft, und das erhöhte Wohngeld. Hervor hebt er außerdem den sozialen Wohnungsbau: Hier wurden die Mittel deutlich auf nun fünf Milliarden Euro in der Legislaturperiode aufgestockt. Der Mieterbund kritisiert allerdings, dass die Anzahl der Sozialwohnungen in der Summe dennoch kleiner werde.

Was steht bis zur Wahl noch aus?
In der parlamentarischen Beratung steckt noch das Baulandmodernisierungsgesetz, das einerseits das Bauen beschleunigen, andererseits die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen auf angespannten Wohnungsmärkten erschweren soll. Für Debatten sorgt außerdem weiterhin die Frage, wie die Kosten zwischen Mietern und Vermietern durch den zum Jahreswechsel eingeführten CO2-Preis im Gebäudebereich aufgeteilt werden sollten.

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