Rheinland-Pfalz AfD-Führung kommt mit blauem Auge davon

(kad). Auf ihrem Landesparteitag im südpfälzischen Bellheim gab die Alternative für Deutschland (AfD) am Wochenende kein Bild der Geschlossenheit ab. Landeschef Uwe Zimmermann behauptete sich mit nur 57,6 Prozent der Stimmen. (Wir berichteten in RHEINPFALZ am Sonntag.) Applaus gab es für die Schlagworte „Asylmissbrauch“ und „Tendenzpresse“.

Bellheim

Manches ist anders bei der selbst ernannten Alternativen im Vergleich zu Parteitagen von SPD, CDU, Grünen und FDP. Die AfD’ler nennen sie mit Verachtung in der Stimme „Altparteien“. Am Eingang der Dr. Friedrich-Schneider-Halle stehen schwarz gekleidete Sicherheitsleute mit Knopf im Ohr. „Das muss sein“, sagt der Pressesprecher des Landesverbands, Oliver Sieh aus Ludwigshafen, und verweist auf Angriffe mit Buttersäure oder Farbbeuteln in anderen Landesverbänden. In Bellheim bleibt es ruhig. Nur ein junger Mann, Florian Goldschmitt aus dem Kreis Mainz-Bingen, wird der Türe verwiesen. Er sei wegen Doppel-Mitgliedschaft in der FDP aus der Partei geflogen. Goldschmitt sieht das anders und kündigt rechtliche Schritte an. Ungewöhnlich ist auch, dass die Bewerber für ein Parteiamt nach vorherigen Parteimitgliedschaften und nach Einträgen im polizeilichen Führungszeugnis gefragt werden. Das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass die AfD mit ihrer nationalkonservativen Ausrichtung anziehend wirkt auf Ex-NPD’ler und andere Rechte. In Bellheim haben viele Erfahrungen in der CDU, der FDP oder auch der SPD. Nicht aber Landeschef Uwe Zimmermann (56), Maschinenbauprofessor aus dem Kreis Trier-Saarburg. Wechselwähler und Nichtwähler sei er gewesen, bevor er zur AfD gestoßen sei. Zwei Jahre führt er den Landesverband, und nicht wenige Mitglieder – 260 von rund 1200 sind in die Pfalz gekommen – bezweifeln, dass er die Strömungen der Partei zu einem schlagkräftigen Ganzen verbinden kann. Christiane Christen, Vorsitzende des Rhein-Pfalz-Kreises, scheitert mit dem Versuch, ihn abzulösen. Sie spricht viel von Deutschland. „Ich will, dass meine Kinder in 50 Jahren sagen können, ich bin Deutscher und lebe in einem freien Land.“ 78 Stimmen erhält sie, Zimmermann 110. Zimmermanns Anhänger interpretieren seine Wiederwahl so, dass sich der gemäßigtere liberale Flügel gegen den Nationalkonservativen durchgesetzt hat. Zimmermann selbst sagt am Rande des Parteitages zur RHEINPFALZ, es gebe keine Flügelkämpfe im Landesverband. Aber mehrere Redner thematisieren offen die tiefgreifenden Konflikte. In seiner Rede gibt Zimmermann das Ziel aus, bei der Landtagswahl acht Prozent erreichen zu wollen. Die Umfragewerte lagen zuletzt bei fünf Prozent. „Die Leute glauben nicht mehr alles, was geschrieben wird“, macht Zimmermann gegen Medien Stimmung. Ansonsten hält er sich inhaltlich zurück, anders als der Chef der Bundespartei, Bernd Lucke, der von „Asylmissbrauch“ spricht. Die Flüchtlinge hätten im Land „jeden Anreiz“, Asylverfahren in die Länge zu ziehen. Bei der Wahl weiterer Vorstandsposten scheitern drei der von Zimmermann vorgeschlagenen Kandidaten. Beim 1. Stellvertreter folgt ihm der Parteitag noch, es wird der frühere Berufsoffizier Uwe Junge aus dem Kreis Mayen-Koblenz. Er bezeichnet sich als „Afghanistan-Veteran“. Der zweite Stellvertreter bringt Stimmung in den Saal: „Wer mit den Grünen ins Koalitionsbett springt, wacht mit Flöhen auf“, sagt der Koblenzer Gymnasiallehrer Joachim Paul. In der Schule werde zu viel Wert auf „Sozialklimbim“ gelegt. „Aber wir sind in einer Leistungsgesellschaft“. Und schließlich geht er beim Thema Rundfunkbeitrag in die Vollen: „Dieser Tendenzjournalismus, den wir alle noch bezahlen müssen, damit muss Schluss sein.“ Paul vereinigte zwei Stimmen mehr auf sich als Zimmermann. Gewählt wird auch Dirk Wollenweber aus Rheinhessen, gebürtiger Bergzaberner. Er ist Beamter beim Landeskriminalamt und fordert „Respekt, Anstand und die Wahrheit“ in der Politik. Die Polizei sei zur „Abtretmatte der Politik“ geworden. Wollenweber ist nicht der einzige Polizist und Paul nicht der einzige Lehrer auf dem AfD-Parteitag. Darin sind die Alternativen den etablierten Parteien dann doch ähnlich.

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