Rheinland-Pfalz AfD-Fraktionschef Junge im Interview: „Leben im Funkloch“

„Wir machen harte Oppositionsarbeit“, sagt der AfD-Fraktionschef Uwe Junge über das Auftreten seiner Partei im Landtag.
»Wir machen harte Oppositionsarbeit«, sagt der AfD-Fraktionschef Uwe Junge über das Auftreten seiner Partei im Landtag.

Die anderen Fraktionen seien den AfD-Abgeordneten feindlich gesonnen, klagt Fraktionschef Uwe Junge. Er will allenfalls ein wenig Mitschuld daran übernehmen. In den Haushaltsberatungen wird die Oppositionspartei um mehr Geld für Polizei und Feuerwehren streiten.

Wie sehr hat Sie das frühe Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Russland geärgert?

Sehr, weil ich von der Nationalmannschaft viel mehr erwartet hatte. Nach der historischen Pleite haben Sie über Twitter gefordert, die Mannschaft und den ganzen „Merkel-DFB“ aufzulösen. Wie stellen Sie sich die künftige Fußball-Nationalmannschaft vor, ohne Spieler mit Migrationshintergrund? Der Migrationshintergrund ist nicht das Entscheidende. Es geht um Eignung, Leistung und Motivation. Wenn ich sehe, wie Mesut Özil, unabhängig von seinen Wurzeln, mit hängenden Schultern ohne Kampfeswillen gespielt hat, kann ich das nicht verstehen. Ganz offen: Ich erinnere mich daran, dass Bundestrainer Löw bei der Wahl des Bundespräsidenten unter den Wahlleuten der Grünen saß. Deshalb habe ich große Zweifel, ob es bei der Aufstellung der Mannschaft allein um Leistung und Befähigung ging. Wenn Spieler, die schlecht spielen, trotzdem gesetzt sind, ist das Merkel-like. Thomas Müller trägt einen urdeutschen Namen, spielte der besser? Muss auch raus! Das Leib- und Magenthema der AfD-Fraktion ist die Zuwanderung und alles, was damit zusammenhängt. Die CSU fordert eine Neuausrichtung der Asylpolitik. Haben sie Sorgen, die CSU könnte der AfD das Wasser abgraben? Das Thema Asylpolitik haben nicht wir in die Welt gesetzt. Das hat die Bundeskanzlerin zu verantworten. Dass die CSU das Thema jetzt aufgreift, hat mit der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern zu tun. Seehofers Masterplan geht nicht weit genug, ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Er zeigt aber auch, dass die etablierten Parteien ihrer Verantwortung bisher nicht gerecht geworden sind und offensichtlich getrieben werden müssen. Die AfD wirkt. Lassen wir die Asylpolitik außen vor. Was würden Sie sagen, was Sie in den zurückliegenden beiden Jahren in Rheinland-Pfalz bewegt und verändert haben? Wir haben sicher die Streitkultur im Landtag verändert, ... ... aber nicht zum Besseren. Das liegt im Auge des Betrachters. Wir haben von Anfang an das Ziel verfolgt, in der Sache hart, aber im Ton moderat zu sein. Das ist nicht immer gelungen, aber den anderen auch nicht. Wir haben viele Themen auf die Tagesordnung gesetzt, nehmen sie als Beispiele die Ditib, die Bildungspolitik, die Infrastrukturpolitik oder die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Das sind Themen, die alle Fraktion gleichsam auf der Agenda haben ... Das ist ja auch in Ordnung so. Es wäre verwunderlich, wenn die CDU als Opposition eine völlig andere Haltung hätte als wir. Aber was haben wir bewegt: Nehmen Sie die Diskussion um den Hahn, um die steigende Kriminalität, nehmen Sie die Ausstattung von Polizei und Feuerwehr. Wie würden Sie Ihr Verhältnis und das Verhältnis Ihrer Fraktion zu den anderen Fraktionen des Landtags beschreiben? Am Anfang sind wir durchaus auch kollegial miteinander umgegangen. Mit der Zeit hat sich politische Gegnerschaft uns gegenüber in Feindschaft verwandelt. Das sehen Sie daran, dass der Grünen-Fraktionschef von „brauner Soße“ spricht und SPD-Fraktionschef Schweitzer im Plenum den Eindruck zu erwecken versucht, mein Parlamentarischer Geschäftsführer sei angetrunken. Auch der neue Fraktionsvorsitzende der CDU lehnt jegliche Zusammenarbeit mit uns ab. An dem feindseligen Miteinander ist die AfD aber keineswegs unschuldig. Sie attackieren und provozieren ebenso. Wir machen harte Oppositionsarbeit, ohne fundamental zu sein. Das sind die anderen auf ihrem Ponyhof Landtag nicht gewohnt gewesen. In den kommenden Monaten werden vor allem die Debatten um den Doppelhaushalt 2019/20 die Agenda bestimmen. Was haben Sie sich vorgenommen? Wir wollen noch genauer hinschauen, wo im Haushalt ideologisch gefärbte Projekte versteckt sind. Wir werden mehr Geld fordern, um die Polizei zu stärken. Bei den Feuerwehren gibt es einen Investitionsstau von 65 Millionen Euro. Der ländliche Raum muss dringend gestärkt werden. Und womit sonst noch wollen sie nach der Sommerpause beim Wahlvolk punkten? Wir werden nach der Diesel-Kampagne eine Kampagne unter dem Titel „Leben im Funkloch“ starten. In vielen Gebieten im Land fehlt es an ausreichenden Verbindungen ins Internet, aber diese sind für die Zukunft der Dörfer ebenso wichtig wie die ärztliche Versorgung oder der Erhalt der Grundschule. | Interview: Arno Becker

x