Rheinland-Pfalz „Brückenbau am Rutschhang möglich“

(kad). Die zu Jahresbeginn heftig debattierte Frage nach der Standfestigkeit der Hochmoselbrücke bei Zeltingen-Rachtig, dem größten, teuersten und umstrittensten Brückenbauwerk des Landes, scheint beantwortet. „Es besteht kein Hindernis für die Fortsetzung des Brückenbaus auf der Eifelseite“, sagte gestern der Leiter des Landesamts für Geologie und Bergbau, Harald Ehses, in der gemeinsamen Sitzung des Innen- und Wirtschaftsausschusses des Landtags.

MAINZ Walter Lenz vom Gießener Büro HG für Hydrogeologie und Umwelt GmbH hatte zuvor die Ergebnisse eines Gutachtens vorgestellt, in dem das Sickerwasser auf der Eifelseite untersucht worden war. Zusätzlich zu den drei bestehenden Bohrungen haben die Geologen zwei weitere in 80 und 100 Meter Tiefe vorgenommen und von Februar bis Mai Daten erhoben. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Wasserproblematik durch die Wiederherrichtung von Gräben nördlich der Trasse entschärft werden könnte. Außerdem empfahlen sie, Brachflächen zu begrünen. Ehses hatte zu Jahresbeginn öffentlich ein solches hydrogeologisches Gutachten eingefordert. Nach seiner Auffassung war der Rutschhang auf der Eifelseite der Brücke noch nicht ausreichend untersucht, um Aussagen über die Standfestigkeit der geplanten Brücke treffen zu können. Das Landesamt, dessen Chef Ehses ist, untersteht dem Wirtschaftsministerium von Eveline Lemke (Grüne). Das Infrastrukturministerium von Roger Lewentz (SPD), zu dem der für den Bau verantwortliche Landesbetrieb Mobilität (LBM) gehört, hatte indessen immer wieder betont, die Standfestigkeit der Brücke sei gewährleistet, der Bau ingenieurtechnisch beherrschbar. Am Ende wurde das Gutachten, über dessen Umfang bis zuletzt heftig gerungen wurde, an das Gießener Büro vergeben, und Ehses erhielt einen Maulkorb von Lemke. Erst gestern durfte er sich wieder öffentlich zum Thema Hochmoselbrücke äußern – flankiert von Joe Weingarten, Abteilungsleiter im Wirtschaftsministerium, und Staatssekretär Uwe Hüser (Grüne). Sichtlich zufrieden stellte Ehses fest, dass die Gutachter die bisherige Annahme des mit der Statik beauftragten renommierten Büros Arcadis korrigiert hätten. Die Grundwasserlinie verlaufe nämlich in Wirklichkeit anders. Das räumte auch Rudolf Dürrwang von Arcadis ein, er ist nach eigenen Worten Experte für Rutschhänge. Dürrwang sagte, die Untersuchung habe die Situation entschärft, weil die Gegebenheiten besser seien als angenommen. Über das Gelände sagte er: „Der Hang, den wir an der Moselbrücke haben, ist einer der ungefährlichsten an der Mosel.“ Ehses widersprach erst nach der Sitzung: „Ein Rutschhang ist selten ein sicherer Hang.“ Er forderte, dass die Messungen übers Jahr weitergeführt werden. Nicht nur zwischen den Fachleuten gab es Spannungen in der Sitzung. Die CDU-Opposition provozierte mit ihren Anmerkungen und Nachfragen derart, dass Infrastruktur-Staatssekretär Günter Kern (SPD) kurz laut wurde. Später entschuldigte er sich mit dem Hinweis, ein emotionaler Mensch zu sein. Zu Ehses sagte Kern, es sei gut, dass die Fragen, die er aufgeworfen habe, nun untersucht worden seien. SPD und Grüne warfen der CDU vor, nicht am Thema, nur am Skandal interessiert zu sein. „Die Geologen wissen, wie der Hang aussieht, wir wissen, dass die Statik sicher war“, fasste Lothar Kaufmann, Leiter der Verkehrsabteilung im Infrastrukturministerium, nach der zweieinhalbstündigen Ausschusssitzung die Situation zusammen. LBM-Chef Bernd Hölzgen bezifferte die Kosten für die Untersuchung auf RHEINPFALZ-Anfrage auf 242.000 Euro. Die Präsentation der Gutachter ist bereits auf der Internetseite des LBM zu sehen (www.lbm.rlp.de). Sobald das Gutachten in Schriftform vorliegt, soll es ebenfalls veröffentlicht werden, kündigte Kern an. Auf der Hunsrückseite, gegenüber vom Rutschhang, stehen schon die ersten Pfeiler. 160 Meter hoch und 1,7 Kilometer lang wird das fertige Bauwerk sein, es ist Teil des 25 Kilometer langen Lückenschlusses zwischen der bis zum Flughafen Hahn vierspurig ausgebauten B 50 und dem Autobahnkreuz Wittlich. Der Hahn und mit ihm das Rhein-Main-Gebiet sollen über die 375 Millionen Euro teure Bundesstraße samt Brücke an die Nordseehäfen angebunden werden. Die Grünen waren von Anfang an gegen die Moselquerung, stimmten dem Bauwerk aber 2011 im Koalitionsvertrag mit der SPD zu. Diese verzichtete auf die Mittelrheinbrücke. Neben den Grünen und einer Bürgerinitiative sind es internationale Weinkritiker wie der Engländer Stuart Pigott, die Stimmung gegen die Brücke machen – aus Angst, der Riesling könne leiden.

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