Rheinland-Pfalz Corona-Aufarbeitung und was ein Grünen-Politiker gesteht

Abstand halten war aus Expertensicht effektiver als Maske tragen, um die Übertragung des Coronavirus zu verhindern.
Abstand halten war aus Expertensicht effektiver als Maske tragen, um die Übertragung des Coronavirus zu verhindern.

Mainz. Bundesweit sind in den Jahren 2020 bis 2023 pro 100.000 Einwohnern laut Robert-Koch-Institut 207 Menschen gestorben, in Rheinland-Pfalz 174. In Thüringen und Sachsen starben in diesem Vergleich mehr als doppelt so viele. Zahlen sind nur ein Teil der Wahrheit.

Das Bundesland ist nach Auffassung von Gesundheitspolitikern des Landtags in Mainz aus fast allen Fraktionen einigermaßen gut durch die Corona-Zeit gekommen. Dennoch ziehen die Parteien unterschiedliche Lehren und stellen unterschiedliche Forderungen für künftige Pandemien auf. Dies ergab die Abschlussbilanz einer Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss am Freitag.

Fehler, die bei einer neuen Pandemie nicht wiederholt werden sollen, sind nach mehrheitlicher Meinung: die zu lange Isolierung alter Menschen in den Heimen sowie die Schul- und Kitaschließungen. Vor allem Alleinerziehende und Menschen aus sozial benachteiligten Schichten sollten stärker berücksichtigt werden. Auch Spielplatzschließungen wurden als eine „überschießende“ Maßnahme kritisiert.

Die Forderungen der CDU

„Wir sind ganz gut durch die Pandemie gekommen in Bund und Land“, sagte Christoph Gensch, CDU-Abgeordneter aus Zweibrücken. Bei aller Kritik müsse man das auch einmal anerkennen. Im Fall einer neuen Pandemie warnte er davor, „Dinge auszuschließen“. Er mahnte auch den weiteren Ausbau der Digitalisierung an und sprach sich für die Einrichtung eines Landesgesundheitsamtes aus und für „mehr Konkretisierungen“: etwa auch beim Materiallager für Schutzausrüstungen, das zurzeit für 8,2 Millionen Euro in Andernach gebaut wird. Dort sollen künftig genug Schutzanzüge, Masken und Handschuhe für den Einsatz in der kritischen Infrastruktur gelagert werden – eine erste Konsequenz aus den Lehren der Anfangszeit der Pandemie, als noch nicht einmal Krankenhäuser genug Schutzmaterial hatten. Bau und Unterhalt des Lagers finanziert das Land.

Das Beispiel Joshua Kimmich

Für die Grünen als Teil der Regierungsfraktionen gestand Josef Winkler: „Teilweise haben wir Maßnahmen zu spät angepasst.“ Und: „Impfgegner haben wir zu leicht in eine Schublade gesteckt.“ Er sprach auch den Fall Joshua Kimmich an. Der Bayern-München- und Fußballnationalspieler hatte sich in einer ZDF-Dokumentation dazu geäußert, wie er damals öffentlich bloßgestellt wurde. Sichtlich getroffen von Anschuldigungen beschrieb er die Zeit, als er als ungeimpfte Kontaktperson zeitweise in Quarantäne musste, nicht mittrainieren durfte und währenddessen sein Gehalt von den Bayern gestrichen wurde. Dann ließ er sich doch impfen.

Winkler sagte dazu: Menschen wie Kimmich, die wegen gesundheitlicher Bedenken skeptisch gegenüber der Impfung waren, hätte man gezielter informieren müssen. „Damit sie sich – was auf Kimmich nicht zutrifft – nicht von der Gesellschaft abwenden.“ Er griff damit einen Punkt auf, den auch die AfD kritisierte und den der Mediziner und Berater der Landesregierung, Philipp Wild, in der Anhörung vor drei Wochen moniert hatte.

Experte: Wer das größte Vertrauen genoss

In den Medien sei häufig der Eindruck entstanden, dass Impfgegner überwiegend Menschen mit Tendenzen zu Verschwörungstheorien seien. Das sei aber falsch. Verschwörungstheoretiker seien nicht das Problem gewesen. Unter den Impfunwilligen seien dies lediglich fünf Prozent gewesen und immerhin auch 3,5 Prozent unter Geimpften. Laut Wild hatte vor allem die Glaubwürdigkeit der Medien während Corona gelitten. Nur noch 40 Prozent der Menschen vertrauten ihnen demnach, während die Wissenschaft das Vertrauen von 90 Prozent der Bürger gehabt habe.

Daneben mahnten die Freien Wähler weitere Forschung zu Post-Covid- und Post-Vac-Gesundheitsschäden (Folgen einer Impfung) an. Die CDU forderte für künftige Ereignisse dieser Art mehr Bundeskompetenz und „weniger Flickenteppich“. Und verbindlich müsse festgelegt werden, wie im Fall einer Triage, einer Auslese, in welcher Reihenfolge Patienten behandelt werden, verfahren werde.

Die Geschichte einer ungeimpften OP-Schwester lesen Sie hier

x